Kolumne Frauensache Malala Yousafzai und der Elfenbeinturm

Berlin · Das Mädchen auf dem Cover des Buches "Ich bin Malala" trägt ein Kopftuch aus pinkem Stoff. Das Buch erzählt ihre Geschichte. Die Geschichte einer Fünfzehnjährigen in Pakistan, die am 9. Oktober 2012 auf dem Schulweg von Taliban-Kämpfern niedergeschossen wird. Malala Yousafzai sollte sterben, weil sie öffentlich für ihr Recht auf Bildung und gesellschaftliche Teilhabe streitet.

Am 12. Juli 2012 steht Malala vor der UN-Versammlung, sie trägt ein Kopftuch aus rosa gemusterten Stoff. 16 Jahre ist Malala jung, in ihrer Stimme aber liegen die Entschlossenheit und Tiefe eines ganzen Lebens: "Ein Kind, ein Lehrer, ein Buch, ein Stift können die Welt verändern. Bildung ist die einzige Lösung." In Malalas Gesicht schimmert Kampfeswille, auf ihrem Kopf unschuldiges Rosa.

Der Rheinturm in Düsseldorf, der Michel in Hamburg, der Funkturm in Berlin — 20 Gebäude in Deutschland erstrahlten Freitagnacht in Pink. Anlass war der Weltmädchentag, den die UN ins Leben gerufen haben. Bildung, Teilhabe, Selbstbestimmung — noch immer müssen sich in vielen Ländern Mädchen und junge Frauen diese Rechte erkämpfen. Manchmal unter Einsatz ihres Lebens, wie Malala. 66 Millionen Mädchen können weltweit nicht zur Schule gehen. Jedes dritte Mädchen wird nie eine weiterführende Schule besuchen. Alle drei Sekunden wird ein Mädchen gegen seinen Willen verheiratet. Als Zeichen der Solidarität mit ihnen leuchtete es in Deutschlands Städten pink. Und prompt ging ein Aufschrei durch die Feministen-Szene, Genderforscherinnen meldeten sich mit einem entsetzten "Unfassbar" zu Wort.

Worüber sich diese Damen erregten, war nicht etwa das Schicksal der Mädchen, das die UN mit diesem Tag ins Weltgedächtnis rufen wollten. Nein, es war vor allem die Farbe Pink, die die Damen in Rage brachte: Pink stehe für Rollenklischees, für die Barbie-Ecke.

Lieber Leser, liebe Leserin, ich heiße Sie willkommen im Elfenbeinturm des Feminismus. Dort, wo Gleichberechtigung auf eine Farbenlehre reduziert wird. Pink ist böse, Rosa ist noch böser, weil es kleine Mädchen zum Mädchensein verführt. Dabei ist das doch wunderbar. Wir leben in einem Land, in dem Kinder unbeschwert sein können — mit Prinzessinnenträumen und Barbiepuppen. Das ist ein Privileg, keine Selbstverständlichkeit.

Auch daran soll der Weltmädchentag erinnern. Daher zum Schluss ein Tipp für die farblich Empörten: Seht nicht das Barbie-Pink, seht das Malala-Pink. Die Farbe, die ein mutiges Mädchen hocherhobenen Hauptes trägt.

(RP)
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