Kolumne: Frauensache Sex, Lügen und Video

Wurde das Model Gina-Lisa Lohfink vor laufender Kamera vergewaltigt? Nein, befand die Justiz. Die Kampagne danach hatte das richtige Anliegen, aber den falschen Anlass.

Foto: dpa, car fdt

Morgen wird der Bundestag eine Reform des Sexualstrafrechts beschließen und damit den Grundsatz "Nein heißt Nein" im Gesetz verankern. Zur Symbolfigur dieser Reform ist Gina-Lisa Lohfink geworden, Schauspielerin, Model und Partygirl. Ihre Geschichte über eine angebliche Vergewaltigung haben Politiker und Feministinnen zum Beleg für die Notwendigkeit einer Gesetzesreform gemacht. Nur haben sie sich für ein richtiges Anliegen die falsche Geschichte ausgesucht.

Vor vier Jahren verbrachte Gina-Lisa Lohfink in Berlin eine Nacht mit zwei Männern. Den Sex zu dritt filmten diese Männer und versuchten, die Aufnahmen zu Geld zu machen. Ein schmutziges Geschäft, für das beide später verurteilt wurden. Lohfink behauptete allerdings, nicht nur die Aufnahmen seien gegen ihren Willen gewesen, sondern auch der Sex. Man habe ihr K.o.-Tropfen verabreicht. Tatsächlich ist bis heute im Internet eine Szene jener Nacht zu finden, in der einer der Männer auf Gina-Lisa Lohfink liegt. Sie wirkt benommen. Sie sagt: "Hör auf." Dennoch ist die Staatsanwaltschaft am Ende der Ermittlungen zu dem Ergebnis gekommen, es liege keine Vergewaltigung vor. Stattdessen wurde ein Strafbefehl gegen Lohfink erlassen - wegen falscher Verdächtigung.

Wird hier ein Opfer zur Täterin gemacht, wie Feministinnen behaupten? Gilt das Nein einer Frau vor dem Gesetz nichts, wie Bundespolitiker meinen? Im Fall Gina-Lisa Lohfink trifft wohl weder das eine noch das andere zu. Das zeigen die Ermittlungsakten, die eine ganze Reihe von Widersprüchen offenbaren. So hat etwa Lohfinks Anwalt in seiner Anzeige gegen die zwei Männer zunächst von "einvernehmlichem" Sex geschrieben. Erst einige Tage später revidierte er das. Auch ist die Sequenz mit dem Ausruf "Hör auf" nur ein Ausschnitt des Geschehens jener Nacht. Andere Aufnahmen zeigen eine wache und aktive Frau, die tanzt und in die Handykamera ruft: "Jetzt geht's los." Mit einem der Männer hat Lohfink auch nach der Nacht noch SMS-Kontakt. "Ich vermisse dich", schreibt sie.

Doch diejenigen, die Lohfink zum Symbol für ihre Sache gemacht haben, scheinen solche Details nicht zu interessieren. Stattdessen hat Bundesministerin Manuela Schwesig die Solidaritätswelle mit Lohfink genutzt, um politisch zu punkten. Und Feministinnen haben zeigen können wie fortschrittlich vorurteilsfrei sie sind: ausgerechnet eine Frau wie Gina-Lisa Lohfink, die mit künstlichen Brüsten und Luderimage das verkörpert, was sie eigentlich ablehnen, zu einer der Ihren zu machen - wenn das keine Geschichte ist.

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(RP)