Sigmar Gabriels Öffnung der SPD Linke, Grüne und FDP reagieren skeptisch

Berlin · Mit mehr Wirtschaftskompetenz und einer Platzierung der Sozialdemokratie auf den Feldern "sozial" und "liberal" will SPD-Chef Sigmar Gabriel seine Partei 2017 wieder ins Kanzleramt führen. Zugleich machte der SPD-Vorsitzende beim Parteitag in Leipzig den Weg frei für rot-rot-grüne Bündnisse. Was bedeutet das für das derzeitige Koordinatensystem der Parteikonkurrenz, wie reagieren die Mitbewerber darauf?

Der designierte FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner sieht in dem Kurs Gabriels eine Verwechslungsgefahr. "Ich verstehe unter Liberalismus Individualität, Vielfalt, Leistungsbereitschaft und Fairness", sagte Lindner unserer Redaktion. "Wenn Herr Gabriel FDP-Wähler ansprechen und mit der Linkspartei koalieren will, dann verwechselt er offenbar Liberalismus und Beliebigkeit", kritisierte Lindner.

"Klug" findet dagegen Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter die Öffnung für Rot-Rot-Grün, die nicht auf eine Angleichung an die Linkspartei hinauslaufe. "Auch wenn das Tabu fällt, bleiben es drei verschiedene Parteien mit verschiedenen Wählerinteressen und Werten", stellte der Spitzenpolitiker vom linken Flügel der Grünen im Gespräch mit unserer Redaktion fest. Mittelständische Unternehmen oder Selbstständige könnten Partner für einen sozial-ökologischen Wandel sein, um die auch die Grünen werben.

Skeptische Grünen-Chefin

"Aber man darf die Begriffe Wirtschaftskompetenz und Leistungsträger nicht als Interessensvertretung für Wohlhabende missverstehen", schränkte Hofreiter ein. Damit ginge man "dem Liberalismusbegriff der FDP auf den Leim", erläuterte der Grüne. Deshalb hätten die Grünen Zweifel, ob ein moderner Liberalismus bei der SPD gut aufgehoben wäre. Und für den Rechtsstaatsliberalismus stünden ohnehin die Grünen.

Skeptisch ist Grünen-Chefin Simone Peter, ob die SPD aus der Großen Koalition heraus ihre Chancen verbessert. Mehr Verteilungsgerechtigkeit habe die SPD schon weitgehend aufgegeben, mehr Solidarität in Europa auch. Offenbar folge sich auch in der Energie-, der Asyl- und der Datenschutzpolitik "bereitwillig dem Unions-Kurs", kritisierte Peter. "So wird die SPD die beklagte kulturelle Kluft zu ihren Wählerinnen und Wählern sicher nicht überwinden können", lautete Peters Prognose.

Kipping: Schnell Gespräch suchen

Die Linkspartei nahm Gabriels Öffnung reserviert auf. Die Ko-Vorsitzende der Linken, Katja Kipping, lud die SPD zu Spitzengesprächen ein. Bisher habe Funkstille geherrscht, "aber jetzt sollten wir schnell das Gespräch auf allerhöchster Ebene suchen", sagte Kipping. "Es ist gut, dass unsere Gesprächsangebote nicht mehr als Stalking missverstanden werden."

Das wiederum lehnte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles prompt ab. "Vor öffentlichen Einlassungen sollte Frau Kipping eine Klärung innerhalb ihrer eigenen Partei vorantreiben".

(may-)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort