Innenminister bei „Maischberger“ Horst Seehofer will Merkel nicht stürzen, aber…

Berlin · Unmittelbar vor dem EU-Gipfel hat CSU-Chef Horst Seehofer den Druck erhöht. Er könne „nicht garantieren“, dass bei der Bewertung des Gipfels am Sonntag eine Verständigung gelinge, sagte der Innenminister in der Sendung „Maischberger“.

Horst Seehofer am Mittwochabend in der ARD.

Horst Seehofer am Mittwochabend in der ARD.

Foto: Screenshot ARD

Faustdicke Ironie bildet am späten Mittwochabend den Auftakt des 60-minütigen Solo-Auftrittes. Sandra Maischberger und Horst Seehofer kündigen ihr Gespräch an, dann spielt die ARD eine Werbung für den Sonntagabend-„Tatort“ ein. „Dieser Fall erfordert Teamwork“, fasst der Sprecher zusammen. Es ist klar, dass er den ARD-Krimi meint. Denn von Teamwork ist zwischen den Schwesterparteien in der Flüchtlingspolitik derzeit nichts zu spüren. Aber mindestens einen Tatort soll es Sonntag auch bei den Parteien geben. Für Seehofer liegt er in München, wenn CSU-Vorstand und CSU-Landesgruppe bewerten, ob Merkel mit ihren EU-Kollegen ein Ergebnis erzielen, das „wirkungsgleich“ dem von Seehofer angekündigten nationalen Alleingang entspricht und dieser nach Seehofers Worten somit „erledigt“ wäre.

Bald markiert der CSU-Chef einen zentralen Satz: „Ich kenne bei mir in der Partei niemand, der die Regierung gefährden will in Berlin, der die Fraktionsgemeinschaft auflösen möchte mit der CDU oder der gar die Kanzlerin stürzen möchte“, versichert er nach zehn Minuten. Doch die Zwischentöne sprechen für sich. Als Maischberger ihn fragt, ob er sicher sei, dass er mit dieser Kanzlerin noch zusammenarbeiten könne, sagt Seehofer deutlich „Ja!“ Und er konkretisiert: „Heute, gestern, vorgestern, jeden Tag.“ Das Morgen fehlt. Er rühmt zugleich jedoch die zähe Verhandlungsführung der Kanzlerin und versichert, die in den Medien dargestellten persönlichen Zerwürfnisse würden von beiden nicht so wichtig genommen.

Den aktuellen Streit über die Anweisung von Zurückweisungen bezeichnet Seehofer als überschaubar. Von dreiundsechzig Punkten im Masterplan stimmten Merkel und er nach ihrer Meinung in zweiundsechzigeinhalb überein. Zugleich fügt er hinzu, dass er derzeit viele Schreiben mit der Aufforderung bekomme: „Fallen Sie bloß nicht um!“

Und wenn er dabei bleibt, die Rückweisungen anzuordnen? Dann hat Merkel die Anweisung zu Zurückweisungen bereits als „Frage der Richtlinienkompetenz“ gekennzeichnet. Ihm gegenüber habe sie nicht damit „gewedelt“, hatte Seehofer unmittelbar nach Merkels Botschaft gesagt. Nun unterstreicht er: „Ich habe die Richtlinienkompetenz in die Debatte nicht eingeführt.“ Es sei „emotional ein schwieriger Moment“ für ihn gewesen, als er von Merkels Ansage über die Medien erfuhr. Dennoch gebe es Überzeugungen, die seien „wichtiger als das Amt“.

Zuvor hat er jedoch ein Beispiel für Flexibilität geliefert, als Maischberger und Seehofer in einen Streit um die Wortwahl geraten. „Asyltourismus“ verwende er sehr sorgfältig, schildert Seehofer und meint Menschen, die in Rumänien und Bulgarien bereits in Sicherheit seien und ein Asylverfahren beginnen könnten und trotzdem weiterreisten. „Sprachpolizei“ wirft Seehofer Maischberger vor, als sie das Wort als „Sprachvergiftung“ kritisiert. Leise sagt Seehofer dann doch: „Ich ziehe es zurück.“

Aber von seiner Position im Streit mit Merkel wird er - vorerst - nichts zurückziehen. Das für die Grenze formulierte Ziel werde er „nicht aufgeben“, weil das die „Glaubwürdigkeit total zerstören“ werde. Wenig später berichtet er von den Gründen für das Absacken der CSU auf 38 Prozent in Bayern bei den Bundestagswahlen. Sie sei seinerzeit in eine „Glaubwürdigkeitsfalle“ geraten, weil die Menschen die Positionierung der CSU nicht abgenommen hätten, während sie die Politik (Merkels) unterstützt hätten, erläutert Seehofer. Keine Stellung nimmt er zu der Ansage von Ministerpräsident Markus Söder, er wolle nicht mit Kanzlerin Merkel, sondern mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz Wahlkampf machen. Er freue sich jedenfalls, wenn die Kanzlerin auch in Bayern beliebt sei.

„Wenn ich aufhöre, muss das nach der Fallbeilmethode gehen“, sagt Seehofer zum Ende der Sendung voraus. Also nicht lange ankündigen, sondern einfach tun. „Montag?“, fragt Maischberger. Seehofer weicht aus. Wenn man für die Menschen etwas Positives erreichen könne, mache es auch im Alter Freude.

Und was ist mit Merkels Vorsatz, den richtigen Zeitpunkt fürs Aufhören nicht zu verpassen? Seehofer ist skeptisch, ob ihr das gelingt, rät ihr jedenfalls dringend davon ab, die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. Er schließt mit dem festen Vorsatz, den Konflikt am Sonntag „vernünftig unter Aufrechterhaltung der beiderseitigen Glaubwürdigkeit“ zu lösen. Mit Betonung auf Versuch. Das Wort Scheitern hatte er vorher in den Mund genommen.

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