Schwarz-Gelb stellt die neue Regierung Die Wahl in zehn Aussagen

Düsseldorf (RPO). Der Wahlabend ist gelaufen. Union und FDP stellen die neue Regierung, die SPD steht vor einem Neuanfang. Die Entscheidung der Wähler wird viel verändern in unserem Land. Welche Umbrüche sich im politischen Deutschland abzeichnen, lässt sich an zehn markanten Aussagen des Abends aufzeigen.

Bundestagswahl 2009: Westerwelles großer Tag
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Bundestagswahl 2009: Westerwelles großer Tag

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Guido Westerwelle (FDP): "Wir bleiben bei allem Jubel auf dem Teppich"

Die Liberalen um Guido Westerwelle sind die großen Gewinner Abends. Parteichef Westerwelle wird mit frenetischen "Guido, Guido"-Rufen gefeiert. Der kommende Vizekanzler bleibt wie in den vorangegangenen Monaten betont staatsmännisch. Er weiß, dass zum Feiern kaum Zeit bleibt. Schnell werden die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise das Land einholen. Es gilt ein riesiges Defizit im Staatshaushalt in den griff zu kriegen — und das, nachdem Union und FDP Steuersenkungen versprochen haben.

Angela Merkel (CDU): "Ich bin heute Abend zufrieden und glücklich."

Es wird knapp, hieß es bei den Demoskopen vor der Bundestagswahl. Bei der Union waren Kanzlerin und Getreue nervös, ob es für Schwarz-Gelb reichen würde. Die Kritik am Wahlkampfstil der Kanzlerin war groß. Am Ende gab ihre Person den Ausschlag: Umfragen zeigen, dass ihr 78 Prozent der Bundesbürger eine eher gute und nur 18 Prozent eher schlechte Arbeit bescheinigten. Sie erzielte das höchste Ansehen eines Kanzlerkandidaten bei einer Bundestagswahl nach 1990. Nun ist die Erleichterung groß. Das Ergebnis reicht für eine stabile Mehrheit. Merkel bleibt Kanzlerin.

Erwin Huber (Ex-CSU-Chef ): "Das ist ein Desaster"

Wie weit die Deutung von Wahlergebnissen auseinandergehen kann, zeigt die Polterei des geschassten ehemaligen CSU-Chefs. Die CSU hat mit 41 Prozent das schlechteste Wahlergebnis seit 1949 eingefahren. Der Parteivorsitzende Seehofer steht damit wieder in der Kritik. Der Partei habe im Wahlkampf "die Klarheit der politischen Linie" gefehlt. Dass auch die CDU das zweitschlechteste Ergebnis seit 1949 erzielt hat, geht in der Berliner Erleichterung unter.

Frank-Walter Steinmeier (SPD): "Frau Merkel wird mich noch vermissen"

Die FDP wird die CDU in der Wirtschaftspolitik vor sich hertreiben. Die Koalitionsverhandlungen werden voraussichtlich bald zeigen, dass es sich bei einem schwarz-gelben Bündnis um alles andere als eine reine Liebesehe handelt. Konfliktpotenzial gibt es auch in der Gesundheits-, Innen- und Steuerpolitik. Für Angela Merkel könnte sich das noch zum Problem auswachsen.

Angela Merkel (CDU): "Ich bin keine andere geworden"

Gewerkschaften und Sozialverbände fürchten mit Schwarz-Gelb ein knallhartes Spar- und Reformprogramm neoliberaler Prägung. Merkel war schon am Wahlabend bemüht, einen solchen Eindruck gar nicht erst entstehen zu lassen. Die Kanzlerin sprach direkt DGB-Chef Michael Sommer an und signalisierte, dass sie an ihrer Sozialpolitik nicht viel ändern will.

Jürgen Rüttgers (CDU): "Nein, es wird keine Koalition der Zumutungen"

NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers befindet sich in einer besonderen Lage. Im kommenden Jahr wird in seinem Bundesland neu gewählt. Der Politologe Martin Florack rechnet mit einem harten Lagerwahlkampf. Sollte die SPD es schaffen, Schwarz-Gelb als Bündnis der sozialen Kälte zu stigmatisieren, könnte es für Rüttgers eng werden. Außerdem steht Rüttgers eine parteiinterne Bewährungsprobe bevor: Die NRW-CDU sollte auch am Kabinettstisch in Berlin vertreten sein.

Hannelore Kraft (SPD-Chefin NRW): "eine katastrophale Niederlage"

Die SPD ist freilich vorerst mit sich selbst beschäftigt. Mit 25 Prozent der Stimmen wären die Genossen schon zufrieden gewesen, etwas über 23 Prozent sind es den jüngsten Hochrechnungen zufolge geworden. Die Partei hat den Status als Volkspartei endgültig verloren. In jungen Wählerschichten ist sie unter 20 Prozent gefallen. Kraft ist die erste SPD-Spitzenkandidatin, die mit dieser Belastung einen Wahlkampf führen muss. In NRW erhielten die Sozialdemokraten immerhin knapp 29 Prozent.

Klaus Wowereit (SPD): "Die SPD wird ihr soziales Profil schärfen müssen"

Die SPD steht vor einer Neuausrichtung. Ziel: den Anspruch zurückzuerobern, die dominierende Partei links von der Mitte zu sein. Viele in der Partei fordern eine Auseinandersetzung mit der Linkspartei, eine Standort-Korrektur, einen radikalen Erneuerungsprozess. Ihre Diagnose: die SPD hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Bis zum Parteitag im November wird es einen harten Machtkampf geben.

Frank-Walter Steinmeier (SPD): "Ich werde jetzt die Rolle als Oppositionschef annehmen"

Steinmeier will sich zum Fraktionsführer und damit zum Speerführer der neuen Opposition wählen lassen. Schon am Wahlabend positioniert er sich unmissverständlich als starker Mann der SPD. Steinmeiers Zukunftspläne für die Fraktion lösen in Berlin Irritationen aus. Man munkelt: War die Personalie mit der mächtigen Partei-Linken abgesprochen oder versucht Steinmeier auf diesem Weg die Partei zusammenzuhalten?

Oskar Lafontaine (Linke): Die Linke ist eine etablierte Partei"

Auch Oskar Lafontaine von den Linken betreibt Standortbestimmung. In der Berliner Runde weist er darauf hin, dass die Linke endgültig angekommen ist, sowohl in der Parteienlandschaft als auch den Parlamenten. Da widerspricht in der Runde niemand. An anderer Stelle fordert der Ex-SPD-Chef von seiner ehemaligen Partei nichts anderes als eine "Resozialdemokratisierung". Dabei wolle er gerne helfen.

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