Schwarz-Gelb gewinnt die Wahl Das Comeback der Tigerente

Berlin/Düsseldorf (RPO). Deutschland wird wieder Schwarz-Gelb. Während die Unionsparteien schwächeln, hat die erstarkte FDP ein Rekordergebnis hingelegt. Schon jetzt ist klar: Die neue Koalition wird nur wenig gemein haben, mit dem, was Deutschland unter der Führung von Helmut Kohl kennt. Das liegt zum einen an der Kanzlerin Angela Merkel. Und zum anderen, weil es trotz aller Einigkeit zwischen den zukünftigen Partnern auch einige Konfliktpunkte gibt.

Bundestagswahl 2009: Frust und Jubel bei den Parteien
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Bundestagswahl 2009: Frust und Jubel bei den Parteien

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In den nächsten Tagen wird es zur Neuauflage eines Klassikers kommen: Von den 60 Jahren ihres Bestehens ist die Bundesrepublik 28 von einer Koalition aus Union und FDP regiert worden. Doch die Verhältnisse aus der Ära Kohl sind vorbei, die Machtverhältnisse haben sich verschoben. Die Liberalen sind nicht mehr der Juniorpartner, der sieben Prozent erreicht hat. Das Comeback der Tigerente wird dieses Mal unter anderen Vorzeichen ablaufen.

Das hat vor allem mit der kraftstrotzenden FDP zu tun. Die Liberalen dürfen auf bis zu 15 Prozent hoffen, ein Traumergebnis. Das bisher beste Resultat stammt aus dem Jahr 1961. Damals kam die FDP auf 12,8 Prozent. "Wir freuen uns über das herausragende Ergebnis und wollen nun Verantwortung übernehmen", rief Parteichef Guido Westerwelle seinen Anhängern zu. Der Rekord gibt dem designierten Außenminister Rückenwind, er lag mit seiner Strategie richtig: Absage an eine Ampel, Bindung an die Union.

Beim Koalitions-Wunschpartner hat das große Zittern ein Ende. "Wir haben unser Wahlziel einer stabilen Mehrheit erreicht", sagte eine sichtlich erleichterte Angela Merkel zu ihren Anhängern. Die Erleichterung kommt nicht von ungefähr: Das Ergebnis reicht zwar für eine stabile Mehrheit, doch die Unionsparteien mussten Federn lassen. Wahrscheinlich werden CDU und CSU bundesweit zusammen weniger als 34 Prozent der Stimmen auf sich vereinen können - das zweitschlechteste Ergebnis in der Geschichte.

Dort rumort es vor allem bei der CSU. In Bayern kamen die Christsozialen auf knapp über 40 Prozent - dabei ist der Anspruch doch eigentlich die absolute Mehrheit. Parteichef Horst Seehofer räumte ein, das Ergebnis sei "nicht zufriedenstellend". Bei CSU-Vorstandsmitglied Bernd Posselt saß der Frust tiefer: Die Union habe wegen der "Beliebigkeit" der Kanzlerin viele Stammwähler nicht mobilisieren können. Auch die CSU habe unter "einem Merkel-Malus gelitten". Es sei die falsche Taktik gewesen, eine Art Koalitionswahlkampf zu führen. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner war geschockt, Ex-CSU-Chef Erwin Huiber sprach von einem "Desaster".

FDP profitiert von Schwäche der Union

Die Schwäche des Einen ist die Stärke des Anderen. Der Hamburger Politologe Professor Kai-Uwe Schnapp sieht im Ergebnis der FDP "ein erhebliches Frustrationspotenzial" enttäuschter Konservativer. Nach ersten Berechnungen sind über eine Million Wähler zu den Liberalen gewandert. Die CDU/CSU, die in den vergangenen Jahren immer stärker auch die linke Mitte bedient hatte, werde sich jetzt umorientieren müssen. "Sie wird von der FDP in Wirtschaftsfragen stärker in eine liberale Richtung gedrängt werden", sagte Schnapp.

Gleichzeitig sei aber die CSU in sozialen Fragen sehr weit von der FDP entfernt. "Beim Kündigungsschutz beispielsweise ist die CSU mit dem gegenwärtigen Stand zufrieden. Einen weiteren Abbau, wie ihn sich die FDP hier vorstellt, wollte die CSU bisher nicht", erklärte Schnapp. Es sei daher offen, wie weit die FDP die Unionsparteien in eine neue Richtung drängen könne. Zudem gibt es weiteres Konfliktpotenzial in der Gesundheits-, Innen- und Steuerpolitk.

Zudem hat die CSU die FDP im Wahlkampf immer wieder attackiert - die Koalitionsverhandlungen könnten nicht ganz so harmonisch ablaufen, wie dies früher einmal der Fall war. "Die Wogen müssen sich erst glätten, dann reden wir über Inhalte", wiegelte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel in der ARD ab. Die Liberalen haben Selbstbewusstsein gewonnen.

Geschacher um Posten

Ein mögliches Geschacher zeichnet sich auch bei den Posten ab, auch wenn die Parteien davon noch nicht sprechen mögen. Immerhin könnte die FDP vier Ministerien für sich fordern, die CSU hätte das Nachsehen. Fest steht, dass Westerwelle Außenminister wird. Sabine Leutheuser-Schnarrenberger (Justiz), Hermann-Otto Solms (Finanzen) und Rainer Brüderle (Wirtschaft) werden ebenfalls als Minister-Kandidaten gehandelt.

Die "Tigerenten"-Koalition bekommt zudem Rückenwind aus dem hohen Norden: Bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein zeichnet sich eine Schwarz-Gelbe Mehrheit ab. Dadurch würde im Bundesrat ebenfalls eine bürgerliche Mehrheit ermöglicht.

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