Berliner Bühne Schäubles Lieblings-Sozi

Berlin (RPO). Der Euro zerbröckelt, die Finanzkrise entpuppt sich als Staatskrise. Und im CDU-geführten Bundesfinanzministerium dirigiert ausgerechnet ein "Sozi" die milliardenschweren Rettungsmaßnahmen. Jörg Asmussen, Staatssekretär und SPD-Mitglied, hat den Ministerwechsel von Peer Steinbrück zu Wolfgang Schäuble ziemlich schadlos überstanden. Das gefällt nicht jedem.

 Der Staatssekretär im Finanzministerium, Jörg Asmussen, wird als Starks Nachfolger gehandelt.

Der Staatssekretär im Finanzministerium, Jörg Asmussen, wird als Starks Nachfolger gehandelt.

Foto: ddp, ddp

Mehr noch: Der 43-Jährige wird in diesen Tagen zum Ersatz-Minister, ersetzte den gesundheitlich angeschlagenen "Chef" schon auf der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds und nun auch beim Euro-Gipfel in Brüssel. Dass der bubenhaft aussehende Ökonom mit dem SPD-Parteibuch so viel Einfluss hat, gefällt nicht jedem im Haus.

Er vertraue allen Mitarbeitern bis zum Beweis des Gegenteils, hatte der neue Finanzminister Schäuble in seiner Antrittsrede den Mitarbeitern zugerufen. Der ungewöhnliche Vertrauensvorschuss galt den sozialdemokratischen Bastionen im Haus. Seit der rot-grünen Regierungsübernahme 1998 sei das Ministerium bis unters Dach "sozialdemokratisch verseucht", stöhnt ein CDU-Beamter. Nur einen christdemokratischen Abteilungsleiter fand Schäuble vor, als er das Haus im Oktober übernahm.

Doch mitten in der Finanzkrise setzt der Ressortchef trotzdem auf Kontinuität jenseits der Parteipolitik. Das gilt vor allem für den zuständigen Finanzmarkt-Staatssekretär Jörg Asmussen. Wo Schäuble in den vergangenen Wochen auftrat, Asmussen war dabei. Wenn der Minister auf Pressekonferenzen über Kreditausfallversicherungen, Währungsspekulationen und Staatsanleihen sprach, schaute er oft zu seinem Top-Beamten herüber.

Nickte der, redete Schäuble weiter. Auch Schäubles öffentlichkeitswirksamen Essay zur Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds durfte und sollte Asmussen gegenlesen. Er bereite Entscheidungen lediglich vor, der Minister entscheide, definiert Asmussen betont demütig seine Rolle. Dass er dabei Bewertungen einfließen lässt, sagt er nicht.

"Super-Assi" meidet SPD-Termine

Der SPD hat Asmussen seine Karriere zu verdanken. Unter Schwarz-Gelb soll er nun den Euro retten. SPD-Minister Hans Eichel machte ihn einst zum Leiter des Ministerbüros und empfahl ihn später Steinbrück. Die Kanzlerin hält ihre schützende Hand über den Sozialdemokraten. Merkels Berater Jens Weidmann ist ein Studienfreund Asmussens.

Und während die FDP in der Oppositionszeit noch den Rücktritt Asmussens forderte, weil der (mit anderen) als Aufsichtsratsmitglied der Düsseldorfer Pleite-Bank IKB versagte und einst auch bei der politischen Durchsetzung riskanter Finanzmarktprodukte mithalf, telefoniert FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle heute regelmäßig mit dem SPD-Staatssekretär und lobt ihn als kompetenten Fachmann.

So viel parteipolitische Geschmeidigkeit schafft Gegner. In der SPD gilt Asmussen als "verbrannt". Intern wird er als "Schäubles Super-Assi" geschmäht. SPD-Termine sagt Asmussen regelmäßig ab, um keine Parteinähe zu zeigen. Dafür spricht er auf Fachkonferenzen der Finanzwirtschaft. Die CDU-Betriebsgruppe im Finanzministerium wiederum hat den SPD-Mann ganz oben auf der Abschussliste.

Irgendwann, so lautet die Losung, ist die Finanzkrise vorbei. "Und dann ist auch Asmussens Zeit um", sagt einer. Arbeitslos dürfte der Ökonom mit Regierungserfahrung aber nicht werden. Die Bankwirtschaft braucht mehr denn je politisch denkende Köpfe.

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