Extreme Sommer-Hitze Deutschland muss seine Städte umbauen

Meinung | Düsseldorf · Deutschland schwitzt, doch das Land ist viel zu wenig auf extrem hohe Temperaturen vorbereitet. In Deutschland sind immer noch zu viele Flächen versiegelt. Innenstädte müssen umgebaut werden – mit mehr Parks, begrünten Fassaden und öffentlichen Kühlräumen.

 Auf bis zu 40 Grad steigen in diesen Tagen die Temperaturen in manchen Regionen von Deutschland

Auf bis zu 40 Grad steigen in diesen Tagen die Temperaturen in manchen Regionen von Deutschland

Foto: dpa/Jens Büttner

In Deutschland regiert in diesen Tagen weniger die Ampel als die Hitze. Bei Temperaturen von bis zu 40 Grad in einigen Landesteilen fühlen sich viele Menschen an den Hitzesommer 2018 erinnert. Vor vier Jahren allerdings regnete es über viele Wochen nicht, bedrohte extreme Wärme die Ernten von Landwirten. Wasser wurde knapper. Die Republik sprach vom Klimawandel, mindestens jedoch von seinen Vorboten. Die Grünen hatten ihr Thema, die Menschen suchten nach Abkühlung, nach Schatten, nach Seen.

Jetzt ist die Hitze wieder da. Deutschland schwitzt und fragt sich: Werden Sommer mit solchen Hitzegraden bald der Normalfall? Und falls ja, was heißt das für uns? Wie kommen wir da durch? In Portugal, Spanien und Frankreich vernichten gerade verheerende Feuer große Waldflächen (wie vor wenigen Wochen auch in Brandenburg), im Norden Italiens trocknen Flüsse aus, ganze Ernten könnten knapp werden oder ganz ausfallen. Deutschland ist auf solche Extremtemperaturen nur bedingt vorbereitet. Bis heute fehlt hierzulande ein nationaler Hitzenotfall- oder Hitzeschutzplan, den Vertreter von Ärzteverbänden jetzt fordern. Genau einen solchen Hitzenotstand hat etwa Großbritannien ausgerufen. Alarmstufe Rot bedeutet hier Alarmstufe Heiß. Krankenhäuser, Arztpraxen oder Pflegeheime müssen sich besser darauf einstellen, wie sie Menschen, die wegen Krankheit und Alter bei hohen Temperaturen besonders gefährdet sind, schützen können.

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Foto: dpa/Freiwillige Feuerwehr Hennef

So wie Extremwetter mit Jahrhundert-Hochwasser an der Ahr und an der Erft in der Folge Behörden dazu zwang, das Frühwarnsystem zu verbessern, den Hochwasserschutz zu verstärken und Bebauungspläne (in potenziellen Überschwemmungsgebieten) zu überdenken, müssen Innenstädte in Deutschland künftig auf Tage und Wochen mit großer Hitze vorbereitet und dazu umgebaut werden. Zu viele und zu große Flächen sind zubetoniert und geben die Hitze nur zurück. Ein Glutofen. Es fehlen Parks, Bäume, Grünflächen, begrünte Häuserfassaden oder begrünte Dachterrassen. Auch (bestehende) Gebäude müssen besser gegen Hitze und Kälte gedämmt werden. Die Werkstoffe gibt es längst. Der Umbau kostet eben Geld. Kommunen und Landkreise müssen ihre Informationen bei Extremhitze besser als bislang untereinander austauschen. Städte sollten zudem öffentliche Räume zur Abkühlung vorhalten. Denn Temperaturen von 35 Grad und mehr werden häufiger.

Ein Land am Limit bedeutet auch, dass seine Bewohner an ein Limit geraten. Überhitzen ganze Regionen, überhitzt auch die Gesellschaft -- bildlich wie sprichwörtlich. Nicht ohne Grund ruht in Ländern im Süden Europas über die heißesten Stunden des Tages weitgehend das öffentliche Leben. Mitunter steht uns das noch bevor.

Vor allem wird die Hitze weiter steigen, wenn es der Weltgemeinschaft nicht gelingt, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und damit dieses selbst gesetzte Ziel verfehlt wird. Dann haben kommende Generationen ein echtes, ein existenzielles Hitzethema. Auch den allergrößten Leugnern des menschengemachten Klimawandels wird es am Ende egal sein, warum es ihnen zu heiß wird. Sie müssen handeln. So wie wir alle. Wie hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres beim Petersberger Klimadialog noch gesagt: „Entweder wir handeln zusammen oder wir begehen gemeinsam Selbstmord.“

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