Zeitgemäße Strafrechtspolitik Justizminister Buschmann will Neustart im Umgang mit Straftätern

Berlin · Bundesjustizminister Marco Buschmann will das aktuelle Strafrecht reformieren. Die Politik habe in den letzten Jahren zu wenig getan. Welche Änderungen er plant und warum ein Bundesland bereits Kritik an den Plänen äußert.

Bundesjustizminister Marco Buschmann, FDP.

Bundesjustizminister Marco Buschmann, FDP.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Bundesjustizminister Marco Buschmann will im Umgang mit Straftätern ein neues Kapitel aufschlagen. Wie sein Ministerium am Dienstag mitteilte, wurde ein Entwurf für eine Reform des sogenannten Sanktionenrechts zur Stellungnahme an Länder und Verbände verschickt. Der FDP-Politiker sagte: „Die neue Bundesregierung steht für einen Neustart in der Strafrechtspolitik.“ Außer höheren Strafen und neuen Strafvorschriften sei den politisch Verantwortlichen in den vergangenen Jahren zu wenig eingefallen. Diese „Einseitigkeit“ wolle die Ampel-Regierung nun hinter sich lassen, zugunsten einer „zeitgemäßen Strafrechtspolitik“.

Wer eine Geldstrafe nicht zahlen kann oder will, muss dafür bisher ersatzweise ins Gefängnis. An diesem Grundsatz will Buschmann auch nicht rütteln. Laut Entwurf soll ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe aber künftig nicht mehr einem, sondern zwei sogenannten Tagessätzen entsprechen. Die Zeit hinter Gittern würde dadurch also kürzer. Ein Nebeneffekt: Die Länder würden Geld sparen. Ein belegter Haftplatz kostete im Jahr 2020 im Schnitt pro Tag 157,72 Euro, rechnet man die Bau- und Sachinvestitionskosten dazu waren es 173,66 Euro. Buschmann will es denjenigen, die wegen nicht bezahlter Geldstrafen einsitzen sollen, zudem leichter machen, der Ersatzhaft durch das Ableisten gemeinnützige Arbeit zu entgehen.

Zudem soll der Katalog der Gründe, die bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind, um „geschlechtsspezifische“ und „gegen die sexuelle Orientierung“ gerichtete Beweggründe ergänzt werden. Damit hätten beispielsweise Männer, die Gewalt gegen Frauen ausüben, weil sie glauben, sie dürften über das Leben der Frau bestimmen, höhere Strafen zu erwarten. Die Anpassung gelte auch für Taten, die sich etwa gegen die trans- oder intergeschlechtliche Identität von Menschen richteten, sagte Buschmann.

Strenger sollen die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gefasst werden. Ziel der geplanten Änderung ist es hier, die begrenzten Kapazitäten auf Suchtkranke zu konzentrieren, die tatsächlich der Behandlung in einer solchen Einrichtung bedürfen.

Aus Baden-Württemberg kam Kritik an den Reformplänen. Die geplante Änderung bei der Strafzumessung bei geschlechtsspezifischen Tatmotiven bezeichnete Justizministerin Marion Gentges (CDU) als „reine Symbolpolitik, die keiner einzigen Frau das Leben retten wird“. Sie argumentierte: „Bereits jetzt gehört es zur tagtäglichen Arbeit eines Strafrichters, die Tatmotive bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.“

(mzu/dpa)
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