Berlin Bundespolizei weist 620 minderjährige Flüchtlinge zurück

Berlin · An der deutschen Grenze wird strenger kontrolliert. Selbst unbegleitete Minderjährige müssen mit Zurückweisung rechnen.

Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge ist um die Jahreswende deutlich gesunken. Lag sie zum 30. Dezember 2016 noch bei 49.786, waren es am 15. Januar nur noch 45.224 noch nicht volljährige Flüchtlinge, die allein nach Deutschland gekommen sind. Diese Zahlen gehen aus einer Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Grünen-Fraktion hervor.

Hauptgrund für den Rückgang ist, dass das Geburtsdatum vieler Flüchtlinge, die ohne Papiere kommen und auch ihren Geburtstag nicht kennen, auf den 1. Januar festgesetzt wird.

Die insgesamt rückläufigen Zahlen sind zudem mit einem verminderten Zustrom und auch durch die Zurückweisungen an der deutschen Außengrenze zu erklären. Allein im vergangenen Jahr wies die Bundespolizei 620 unbegleitete Minderjährige an der Grenze zurück, "weil die Einreisevoraussetzungen nicht vorlagen", wie die Bundesregierung schreibt.

Unter den Zurückgewiesenen waren 275 Afghanen, 58 Syrer sowie aus Eritrea 39 und aus dem Irak 36. Wenn es Jugendliche aus diesen Ländern nach Deutschland schaffen, liegt ihre Anerkennungsquote zwischen 98 Prozent (Syrer) und 71 Prozent (Afghanen).

Die Grünen zeigten sich empört über das Vorgehen der Bundespolizei. "Über 600 Minderjährige wurden an den deutschen Grenzen zurückgewiesen, das ist eine massenhafte Missachtung des Kindeswohls. Auch in diesen Fällen muss geprüft werden, ob sich Verwandte bereits in Deutschland aufhalten", sagte die jugendpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Beate Walter-Rosenheimer. Die Sprecherin für Flüchtlingspolitik, Luise Amtsberg (Grüne), kritisiert: "Fast 90 Prozent der unbegleiteten Minderjährigen erhalten einen Schutzstatus - das zeigt deutlich, wie hoch der Unterstützungsbedarf für die Jugendlichen ist und dass sie gute Gründe für ihre Flucht haben."

Für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge gelten in Deutschland strenge Regeln. Die Neuankömmlinge werden von den Jugendämtern vor Ort in Obhut genommen. Ihr Alter wird anhand von Knochenuntersuchungen festgestellt. Danach kommen die Minderjährigen in ein Bundesland, das bisher nur wenige Flüchtlingskinder aufgenommen hat. Dieses System gilt seit November 2015. Aus der Zeit davor bestehen noch erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern. So erfüllt Bremen seine Quote zu 300 Prozent, Mecklenburg-Vorpommern nur zu 76 Prozent. NRW liegt bei 98 Prozent. Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ein Land betreut, ist finanziell von Bedeutung. Die aufwendige Versorgung der Minderjährigen tragen Kommunen und Länder über die Jugendhilfe.

Von Flüchtlingen, die über das Mittelmeer kommen, wurden durch die EU-Mission "Sophia" seit Juni 2015 insgesamt 9455 Flüchtlinge allein von Einheiten der deutschen Marine aus dem Mittelmeer gerettet und 22.641 weitere Menschen durch andere europäische Einheiten.

(qua)
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