Neue Sanktionen vorgeschlagen Massive internationale Kritik an Scheinreferenden in der Ukraine

Kiew · Von der Leyen fordert neue EU-Sanktionen wegen des russischen Versuchs, „Grenzen mit Gewalt zu ändern“. Moskaus Statthalter in Luhansk und Cherson ersuchen als erste der vier Regionen um Aufnahme in die Russische Föderation.

Ukraine-Krieg: Scheinreferenden in Luhansk, Donezk, Cherson & Co.
20 Bilder

So liefen die Scheinreferenden in den von Russland besetzten Gebieten

20 Bilder
Foto: dpa/Efrem Lukatsky

Nach den Scheinreferenden in vier russisch besetzten ukrainischen Gebieten haben Moskaus Statthalter umgehend Schritte eingeleitet, um sie Teil von Russland machen zu lassen. Gegen das nach allgemeiner Einschätzung von vornherein feststehende Ergebnis der sogenannten Volksabstimmungen gab es international einen Sturm der Entrüstung.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte neue Sanktionen gegen Personen, die für die Scheinreferenden verantwortlich seien, und Russland. Die vom Kreml orchestrierten Abstimmungen seien „ein illegaler Versuch, Land an sich zu reißen und Grenzen mit Gewalt zu verändern“, sagte von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. „Wir sind entschlossen, den Kreml für diese Eskalation zahlen zu lassen“, erklärte sie. „Wir schlagen umfassende neue Importverbote für russische Produkte vor.“

Bundeskanzler Olaf Scholz, die spanische Regierung und auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisierten die Scheinreferenden. Scholz sagte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat, Deutschland werde niemals die verkündeten Ergebnisse der Scheinreferenden anerkennen. Das spanische Außenministerium erklärte, Madrid verurteile entschieden „das illegale Scheinbild“ von Abstimmungen. Von Besatzungskräften verkündeten „fiktiven Ergebnissen“ werde keinerlei Legitimität zuerkannt.

Erdogan sagte nach Angaben seines Büros in einem Telefonat mit Selenskyj, die Scheinreferenden erschwerten die diplomatischen Bemühungen, den Konflikt zu lösen. Das ukrainische Außenministerium erklärte, Menschen mit Gewehr im Anschlag zu zwingen, „einige Papiere auszufüllen, ist ein weiteres russisches Verbrechen im Verlauf der Aggression gegen die Ukraine“. Die Abstimmungen seien „eine Propagandashow“ und „null und wertlos“.

Von Moskau eingesetzte Statthalter in den ukrainischen Regionen Luhansk und Cherson reichten unterdessen ihre Ersuchen um eine Aufnahme der Gebiete ein. Sie veröffentlichten die Anträge in der Messaging-App Telegram. Der Luhansker Separatistenführer Leonid Passetschnik nannte als Grund für seine an den russischen Präsidenten Wladimir Putin adressierte Eingabe angebliche ukrainische Verbrechen sowie die angebliche Gefahr eines Genozids.

Der von Russland eingesetzte Verwaltungschef in Cherson, Wladimir Saldo, tat es ihm gleich. Es wurde erwartet, dass die von Russland eingesetzten Vertreter in den Regionen Saporischschja und Donezk ebenfalls eine Annexion durch Russland erbitten. Die Ersuchen werden als Vorwand für Putin gesehen, die Annexion der Regionen in den kommenden Tagen zu verkünden. Passetschnik und der Separatistenführer in Donezk, Denis Puschilin, kündigten an, noch am (heutigen) Mittwoch nach Moskau zu reisen, um die Formalitäten der Annexion zu regeln.

Putin will sich am Freitag in einer Rede im Parlament zu den Scheinreferenden äußern. Selenskyj sagte am Dienstag in einer Videoschaltung im Weltsicherheitsrat, in der modernen Welt sei jede Annexion „ein Verbrechen, ein Verbrechen gegen alle Staaten, die die Unverletzlichkeit der Grenze als lebensnotwendig für sich selbst erachten“.

Nach Angaben von Russland eingesetzter Wahlbeamter wurde eine Einverleibung der Gebiete durch Russland in Saporischschja von 93 Prozent, in Cherson von 87 Prozent, in Luhansk von 98 Prozent und in Donezk von 99 Prozent der Wähler befürwortet. Dass die russische Seite derartige Ergebnisse verkünden würde, galt bereits vorab als sicher.

(mzu/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort