Wahlkampf in Australien Rentner nennen Murdoch "Youtube-Goebbels"

Düsseldorf · Am kommenden Samstag wählen die Australier ein Staatsoberhaupt. Doch anders als in Deutschland wird der Wahlkampf dort mit harten Bandagen geführt – und die Grenze des guten Geschmacks überschritten. Im Mittelpunkt: Rentner mit weißen Socken.

Australiens Rentner schimpfen auf Rupert Murdoch
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Australiens Rentner schimpfen auf Rupert Murdoch

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Am kommenden Samstag wählen die Australier ein Staatsoberhaupt. Doch anders als in Deutschland wird der Wahlkampf dort mit harten Bandagen geführt — und die Grenze des guten Geschmacks überschritten. Im Mittelpunkt: Rentner mit weißen Socken.

Am Sonntagabend kämpften Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Herausforderer Peer Steinbrück mit weich gespülten Aussagen um die Gunst der Wählerstimmen. In Australien jedoch tobt ein regelrechter Wahlkampf-Krieg. Mittendrin: eine handvoll sonnengebräunter Rentner.

Am 7. September geben die Australier ihre Stimme ab. Entweder bestätigen sie Kevin Rudd im Amt des Ministerpräsidenten oder sie wählen Oppositionsführer Tony Abbott. Während in Deutschland Merkel und Steinbrück sanft über Mindestlohn und Rente streiten, gehen in Australien Rentner mit schwerwiegenden Parolen auf die Barrikaden.

Geschmackloser Aufruhr

Der Grund des geschmacklosen Aufruhr heißt Rupert Murdoch, milliardenschwerer Medien-Mogul aus den USA, geboren aber ist er in Australien.

In weißen Socken und Sandalen steht eine Gruppe von Senioren vor Murdochs Verlagsgebäude in Sydney und reckt lächelnd Plakate in die Luft. "Youtube-Goebbels" und "Go Home, Yank" verunglimpfen sie Murdoch. Dabei lächeln sie freundlich in die Kameras interessierter Passanten und zupfen ihre Schlapphüte zurecht.

70 Prozent von Australiens Printmedien gehören nämlich zu Murdochs Konzern. Und die meisten seiner Zeitungen berichten einseitig. Derart einseitig, dass Kommentatoren gemäßigter Blätter die Berichterstattung mit der in Nordkorea verglichen. Mit aller Macht möchte Murdoch Oppositionsführer Abbott zur Macht verhelfen.

Rudd in Naziuniform

Der amtierende Ministerpräsident wird als schlechter Politiker dargestellt — und vergangene Woche zeigte die Titelseite des "Telegraph" Rudd in einer Naziuniform. Nun revanchieren sich eben australische Rentner.

Amtsinhaber Rudd war bereits 2010 im Amt, wurde dann aber von Julia Gillard abgelöst und leitet den Posten des Ministerpräsidenten erneut seit Juni dieses Jahres. Kaum war Rudd im Amt und die unbeliebte Gillard an der Spitze der Labour abgelöst, übertrumpfte die Partei Abbotts Konservative in Umfragen.

Murdoch scheint Rudd vor allem wegen einer Sache ein gewaltiger Dorn im Auge zu sein. Im Falle einer Wiederwahl möchte der Amtsinhaber ein Milliarden Dollar teures Projekt für schnelleres Internet vorantreiben.

Murdoch will Monopol behalten

Murdoch, sind sich nicht nur Rudd sondern auch Experten einig, fürchtet um seine Vormachtstellung im Kabelfernsehgeschäft. Der konservative Abbott wiederum strebt ein deutlich langsameres Netz an.

Der gebürtige Australier Mudoch, der aus geschäftlichen Gründen US-Bürger geworden war, macht keinen Hehl daraus, dass er Tony Abbott als Premierminister installiert haben will. Dessen konservative Koalition will im Fall eines Wahlsiegs im September ein deutlich langsameres Breitbandnetz bauen.

(nbe)
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