Atomabkommen mit Iran: Stress mit den Mullahs Der Griff nach der Bombe

Das Mullah-Regime soll seine Uran-Anreicherung mittlerweile bis auf 60 Prozent hochgetrieben haben. Ein klarer Verstoß gegen das internationale Atomabkommen, das unter anderem Deutschland retten will. Die Chancen dafür stehen schlecht, zumal die Bereitschaft von Teheran zur Zusammenarbeit mit dem Westen nach dessen Kritik im UN-Menschenrechtsrat an Iran Richtung Null geht.

Unter seiner Führung verschleppte Iran die Verhandlungen über das internationale Atomabkommen: Präsident Ebrahim Raisi

Unter seiner Führung verschleppte Iran die Verhandlungen über das internationale Atomabkommen: Präsident Ebrahim Raisi

Foto: dpa/Uncredited

Groß ist die Hoffnung nicht mehr. Ob in dieser Lage noch jemand an die Rettung des Atomabkommens mit Iran glaubt? In dieser Woche ließen Frankreich, Deutschland und Großbritannien erneut mit einer gemeinsamen Erklärung aufhorchen. Die E3, wie die Europäer bei den internationalen Atom-Verhandlungen genannt werden, kritisierten die Ausweitung des iranischen Atomprogramms und äußerten sich besorgt über Meldungen einer weiteren Uran-Anreicherung. Demnach soll das Mullah-Regime seine Produktion weiter angetrieben haben – mit dem Ziel einer Uran-Anreicherung mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Und dies nicht nur im Forschungsreaktor Natans, sondern mittlerweile auch in seiner unterirdischen Anlage in Fordo. Ein klarer Verstoß gegen den im Diplomaten-Jargon „Joint Comprehensive Plan of Action“ (JCPoA) genannten Aktionsplan, der eine Anreicherung von knapp 3,7 Prozent erlaubt. Und nun habe Teheran damit begonnen, Uran auf 60 Prozent anzureichern, so der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Rafael Grossi. Von 60 Prozent Anreicherung ist es nach Expertenmeinung nicht mehr weit bis zu 90 Prozent, die für den Bau einer Bombe benötigt würden. Dabei ist das Ziel des Abkommens, das 2015 nach mühseligen Verhandlungen erreicht worden war und welches der damalige US-Präsident Donald Trump 2018 einseitig gekündigt hatte, den Iran vom Bau der Atombombe abzuhalten.

Frankreich, Deutschland und Großbritannien betonen, dass dieser nächste Anreicherungs-Schritt des Regimes in Teheran auch eine Herausforderung für den weltweiten Nichtverbreitungsvertrag bedeute. „Iran hat weitere signifikante Schritte unternommen, um den JCPoA auszuhöhlen“, hielten die Regierungen in Paris, Berlin und London fest. Iran habe zudem alle zugesicherten Schritte zur Überprüfung seines Atomprogrammes gestoppt. Irans Atomchef Mohammed Eslami stellt derweil weitere Gespräche und Inspektionen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Frage. Eine Reise einer IAEA-Delegation zu iranischen Atomstandorten stehe derzeit „nicht auf der Agenda“. Das JCPoA genannte Abkommen stellt der iranischen Regierung Erleichterungen der westlichen Wirtschaftssanktionen in Aussicht, wenn Teheran im Gegenzug Einblicke in sein Atomprogramm gewährt. Doch die Mullahs haben sich zu einem Verhandlungsangebot für eine Fortsetzung des Atomabkommens nicht geäußert. Womöglich ein Spiel auf Zeit. Die Anfang 2021 wieder aufgenommenen Gespräche für eine Rettung des Atomvertrags hatten nach der Wahl des Hardliners Ebrahim Raisi Mitte 2021 zum iranischen Präsident einen Rückschlag erlitten. Über Monate stockten die Gespräche, ehe Teheran mit einer Maximalforderung auftrat und quasi das Ende aller Sanktionen gegen Iran zu Bedingung machten.

Durch das harte und blutige Vorgehen iranischer Sicherheitskräfte gegen die eigene Bevölkerung, die seit Wochen für Freiheits- und Frauenrechte auf die Straße geht, haben sich die Aussichten auf eine Rettung des Abkommens nicht gebessert. Inzwischen liegen die Gespräche komplett auf Eis. In dieser Woche war es Deutschland und Island bei einer Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrates in Genf gelungen, eine deutliche Mehrheit von Staaten hinter sich zu versammeln, die in einer Resolution die Niederschlagung der Proteste gegen die iranische Regierung verurteilten. Außenministerin Annalena Baerbock sagte dabei: „Unser ganzer Einsatz gilt den Menschen, die ihre Rechte mit Mut und Würde einfordern. Denn allein für diese Forderungen werden sie zu Hunderten getötet, zu Tausenden verhaftet und zu Millionen unterdrückt.“ Ob die Mullahs nach diesem von Deutschland initiierten Votum bereit sind, ernsthaft weiter über das Atomabkommen zu verhandeln, ist aktuell höchst fragwürdig.

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