Zur Lage im Iran und dem Kampf gegen das Mullah-Regime Iranische Autorin Barbara Naziri liest an VHS in Krefeld

Krefeld · Sie darf nicht mehr in den Iran reisen. Das Mullah-Regime macht auf Regimekritiker auch im Exil Jagd. Naziri gehört seit Jahren zu den schärfsten Kritikern der Mullahs.

 Barbara Naziri,

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Foto: Barbara Naziri,

Seit Monaten gehen die Menschen, vor allem mutige Frauen, im Iran auf die Straße und lehnen sich gegen das Mullah-Regime auf. Speziell unter den Frauen ist die Wut über die Unterdrückung durch die islamistische Regierung groß. Während in Deutschland zu Beginn viel über die Situation berichtet wurde, so geht die Zahl der Medienberichte mittlerweile klar zurück. Für die Krefelder Gruppe von Amnesty International eine problematische Situation. „Es braucht den Blick der Welt auf den Iran. Nur das kann die Menschen unterstützen und zu echten Veränderungen führen“, sagt Peter-Michael Friedrichs für die Gruppe, die für Deutschland den Iran betreut.

Die Gruppe will nun mit einer besonderen Lesung und einem Schulprojekt für Aufmerksamkeit sorgen. „Ich bin seit einigen Jahren in Kontakt mit der deutsch-iranischen Schriftstellerin Barbara Naziri. Sie hat viele regimekritische Bücher geschrieben und wird am Mittwoch ganz kurzfristig zu uns kommen und im Muchesaal der VHS lesen“, erzählt Amnesty-Aktivistin Jutta Koebernick. Der Clou: Naziri wird nicht nur am Mittwoch lesen, sondern am Donnerstag auch das Moltke- und das Ricarda-Huch Gymnasium besuchen.

„Das ist mir besonders wichtig. Ich suche den Kontakt zu den Jugendlichen und möchte bei ihnen zwar auch lesen, vor allem aber auch mit ihnen reden. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass junge Menschen in einem Land wie Deutschland erfahren, wie es ist, in einem Land wie dem Iran zu leben“, sagt die Schriftstellerin. Als Deutsch-Iranerin mit einem iranischen Vater und einer dänisch-jüdischen Mutter ist sie selbst ein Schmelztiegel der Kulturen und verkörpert hinsichtlich des Iran die maximalen Widersprüche. Immerhin hat das Mullah-Regime den Staat Israel als größten Feind ausgemacht. In Teheran gibt es sogar eine Uhr, die einen Countdown zum Ende Israels zählt. Der Termin ist ausgerechnet das Ende des Atomabkommens, das den Iran daran hindert, Nuklearwaffen zu bauen. Die in Hamburg lebende Autorin selbst kann seit vielen Jahren nicht mehr in die Heimat ihres Vaters reisen. „Für mich ist der Iran ein Stück Heimat. Ich fühle mich dort ebenso zu Hause wie in Deutschland. Aber vor einigen Jahren, ich hatte gerade ein neues Buch fertiggestellt, in dem ich Mullahs und Atomprogramm kritisiert und die damaligen „grünen Proteste“ thematisiert hatte, hat meine Verlegerin den Termin der Veröffentlichung eigens verschoben, weil ich eine Reise in den Iran geplant hatte. Sie sagte, dass sie erst veröffentlichen werde, wenn ich zurück sei. Das hat sich im Nachhinein als sehr richtig erwiesen“, erzählt sie.

Auch ein deutscher Pass würde sie nicht schützen. „Ich habe Freunde, die in Abwesenheit zum Tode verurteilt wurden. Ein Exil-Iraner wurde sogar im Ausland gekidnappt, in den Iran verschleppt und hingerichtet. Ein Freund von mir war auch gegen die Mullahs aktiv. Er besaß eine Videothek in Hamburg. Diese wurde gesprengt und er musste untertauchen und bekam eine neue Identität. Seitdem habe auch ich keinen Kontakt mehr zu ihm“, berichtet sie.

Für die Demonstranten im Iran sei es elementar, dass der Westen zu ihnen stehe. „Wir brauchen die richtigen Sanktionen. Warum sind nicht längst alle Vermögen der Mullahs, der Sittenpolizei und so weiter eingefroren? Man sollte nicht Güter sperren, die der Versorgung der Bevölkerung dienen. Es müssen gezielte Aktivitäten sein“, fordert sie.

Am wichtigsten aber sei ihr die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. „In einem meiner Bücher geht es um ein Kind, das fliehen muss und auf der Flucht immer in Märchen flieht, wenn es gefährlich wird. Das lese ich gern in Schulen und es ist beeindruckend, was das in den Kindern auslöst. Gerade in Migrantenkindern. Das ist oft sehr beeindruckend. Ein afghanisches Mädchen meldete sich einmal und sagte: „Ich bin meinen Eltern so dankbar, dass sie das alles auf sich genommen haben. Hier kann ich in die Schule gehen.“ Sie war seit zwei Jahren hier und sprach perfekt Deutsch. Ein syrischer Junge erzählte sichtbar bewegt, dass er genau die Situationen im Buch erlebt habe. Gerade in den Mitschülern löst das viel aus. Oft reden die Kinder und Jugendlichen nicht über ihre Erfahrungen. Aber sie sind ein großer Teil ihrer Historie und es ist befreiend für sie“, sagt Naziri.

Entsprechend ist für sie der Besuch in den Schulen der wichtigste Teil ihres Krefeld-Besuchs. Die Lesung in der Volkshochschule bietet aber auch allen anderen Krefeldern die Möglichkeit, diese beeindruckende Frau kennenzulernen und in die Diskussion mit ihr einzusteigen. Denn die Diskussion ist für sie ein elementarer Teil und mindestens ebenso wichtig wie der Teil des Lesens.

Die Lesung von Barbara Naziri ist für Mittwoch, 23. November im Muchesaal der Volkshochschule geplant. Die Verantwortlichen bitten für eine bessere Planbarkeit um telefonische Anmeldung bei der VHS unter KR-862664. Der Eintritt zur Lesung ist frei. Am Donnerstag ist Naziri um 8 Uhr zu Gast am Moltke-Gymnasium und liest vor einer Mittelstufen-Klasse. Danach geht es zum Ricarda-Huch-Gymnasium, wo sie mit den Mitgliedern einer dort gerade in Gründung befindlichen Amnesty-Gruppe diskutiert.

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