141 Flüchtlinge an Bord "Aquarius" sucht weiter nach sicherem Hafen

Rom · Erneut irrt das Flüchtlings-Hilfsschiff "Aquarius" vor der libyschen Küste auf dem Mittelmeer umher. Diesmal sind 141 gerettete Menschen an Bord.

Die Betreiber SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen forderten am Sonntag die europäischen Regierungen auf, dem Rettungsschiff "einen sicheren Hafen zuzuweisen". Italiens Innenminister Matteo Salvini betonte, die "Aquarius" werde "niemals" einen italienischen Hafen anlaufen.

Bei einer ersten Aktion am Freitagmorgen hatte das Schiff nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen 25 Menschen von einem Holzboot etwa 26 Seemeilen nördlich der libyschen Hafenstadt Suara gerettet. Bei einem zweiten Rettungseinsatz wurden später etwa 24 Seemeilen nördlich von Abu Kammasch 116 Menschen an Bord genommen, darunter 67 Minderjährige. Bei den Flüchtlingen handele es sich hauptsächlich um Somalier und Eritreer.

Die Crew der "Aquarius" habe alle zuständigen staatlichen Behörden informiert, darunter die Seenotrettungsstellen von Italien, Malta und Tunesien sowie das libysche Joint Rescue Coordination Center (JRCC) als zuständige Koordinierungsstelle für die Rettungen, erklärten die Betreiber. Das libysche JRCC habe der Besatzung mitgeteilt, dass es ihr keinen sicheren Hafen zuweisen werde, und sie aufgefordert, sich an andere Seenotrettungszentralen zu wenden.

Libyen "kann in keinem Fall als sicherer Ort gelten", erklärten die Organisationen. "Menschen, die in internationalen Gewässern gerettet werden, dürfen nicht nach Libyen zurückgebracht werden, sondern müssen gemäß Völker- und Seerecht an einen sicheren Ort gebracht werden." Die "Aquarius" fahre nun nach Norden, um von einer anderen Seenotrettungszentrale einen nahen sicheren Hafen zugewiesen zu bekommen.

Das mit Hilfe der europäischen Regierungen aufgebaute libysche JRCC sei offenkundig nicht in der Lage, Rettungsaktionen vollständig zu koordinieren, sagte Aloys Vimard von Ärzte ohne Grenzen. Außerdem habe es die "Aquarius" trotz Kenntnis nicht über Seenotfälle in ihrer Nähe informiert. Die Geretteten selbst hätten der Crew berichtet, dass zuvor fünf verschiedene Schiffe ihnen keine Hilfe geleistet hätten. Es sei "verstörend", dass offenbar das "Prinzip zur Hilfe bei Seenotfällen in Gefahr" sei, weil Schiffbesatzungen das Risiko scheuten, wegen der europäischen Abschottungspolitik mit Flüchtlingen an Bord auf See festzusitzen.

Die "Aquarius" hatte ihre Mission im Mittelmeer erst vor anderthalb Wochen wieder aufgenommen. Anfang Juni hatten Malta und Italien das Schiff mit 630 Flüchtlingen an Bord zurückgewiesen. Die Odyssee des Rettungsschiffs endete erst nach einer Woche im spanischen Hafen Valencia. Seit dem 29. Juni befand sich die "Aquarius" zu einem Wartungsstopp im Hafen von Marseille.

Die neue populistische Regierung in Italien, früher Hauptankunftsland von Bootsflüchtlingen, will die Zahl der ankommenden Flüchtlinge auf Null senken. Im Juni entschied Innenminister Salvini von der rechtsextremen Lega, dass Schiffe von Hilfsorganisationen mit Flüchtlingen an Bord nicht mehr in italienischen Häfen anlegen dürfen. Auch Malta verweigerte wiederholt die Einfahrt von Schiffen mit geretteten Bootsflüchtlingen.

Am Samstag bekräftigte Salvini seine Entscheidung: Die "Aquarius" sei ein Schiff "in Besitz eines deutschen Reeders unter Flagge Gibraltars", das "niemals einen italienischen Hafen sehen" werde, sagte er im Radiosender Rai.

Unterdessen erklärte die italienische Küstenwache, sie habe in der Nacht zum Freitag nahe der sizilianischen Küste ein Boot mit 61 Pakistanern an Bord abgefangen. Die Migranten erzählten demnach, sie hätten jeweils 5000 Euro für die Überfahrt von der Türkei aus bezahlt. Zwei Georgier werden verdächtigt, die Fahrt organisiert zu haben. Weitere 72 kurdische, irakische und afghanische Flüchtlinge erreichten am Freitag in einem Segelboot einen Strand in Kalabrien. Unter ihnen waren zwölf Minderjährige und 29 Frauen.

(felt/AFP)
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