Regierung: 37 Ausländer getötet Algerien: Kanadier war Drahtzieher der Geiselnahme

Auf der Suche nach den Hintergründen der Geiselnahme in Algerien richtet die dortige Regierung ihren Blick auf einen Kanadier. Er sei unter den Extremisten gewesen und habe den Angriff auf die Erdgasanlage koordiniert, sagte Ministerpräsident Abdelmalek Sellal am Montag.

Das kanadische Außenministerium erklärte, es werde sich zunächst um Detailinformationen bemühen. Der britische Premierminister David Cameron sicherte Algerien Unterstützung dabei zu, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Geiselnahme mitten in der Sahara endete mit zahlreichen Toten, als algerische Truppen die Anlage stürmten. Dem Ministerpräsidenten des Landes zufolge starben während des Geiseldramas insgesamt 37 ausländische Arbeiter, sieben werden noch vermisst.

Unter den Toten sind nach Angaben des US-Außenministeriums drei US-Bürger. Sieben US-Staatsangehörige hätten die Tragödie überlebt, sagte Außenamtssprecherin Victoria Nuland am Montag.

Über die Zahl mutmaßlich an der tagelangen Geiselnahme beteiligter Kanadier gab es zunächst widersprüchliche Informationen: Das kanadische Außenministerium sprach von der möglichen Verwicklung eines Staatsbürgers.

Aus algerischen Sicherheitskreisen war dagegen zuvor verlautet, zwei kanadische Islamisten seien in dem Industriekomplex tot aufgefunden worden.
Persönliche Dokumente hätten diese Toten als Kanadier ausgewiesen. Ein Sonderkommando durchsuchte am Montag weiter die Erdgasanlage in der Wüste, die in der vergangenen Woche Schauplatz des Geiseldramas geworden war - auf internationaler Ebene eine der schwersten Krisen dieser Art seit Jahrzehnten.

Cameron bietet Hilfe an

Großbritanniens Premierminister Cameron kündigte an, Algerien auf der Ebene der Geheimdienste und der Terrorabwehr Hilfe anzubieten. Der jüngste Angriff erfordere in der Sicherheitspolitik eine entschlossene Antwort. Nordafrika entwickle sich zunehmend zu einem Anziehungspunkt für Islamisten, von dem eine Terrorgefahr ausgehe wie von Afghanistan und Pakistan. Großbritannien erwäge, Frankreich bei dessen Einsatz in dem an Algerien grenzenden Mali stärker bei Logistik und Aufklärung unter die Arme zu greifen. Cameron sprach vor dem Parlament in London aber nicht von einem Militäreinsatz, den sein Sprecher zudem ausschloss.

Die Geiselnehmer in Algerien hätten damit gedroht, die Anlage in die Luft zu sprengen, sagte Ministerpräsident Sellal vor Journalisten weiter. Sie seien aus dem Nachbarland Libyen nach Algerien gekommen und hätten dort zunächst einen Bus mit ausländischen Arbeitern auf dem Weg zu einem Flughafen in ihre Gewalt bringen wollen. Eine Armee-Eskorte des Busses habe die Entführung aber vereiteln können, sagte Sellal. Ihren Angriff hätten die Extremisten zwei Monate zuvor in Mali geplant.

Dort begannen französische Truppen kurz vor der Geiselnahme ihren Militäreinsatz gegen islamistische Rebellen, die seit Monaten im Norden des Landes herrschen und in Richtung der Hauptstadt Bamako vorzudringen zu drohten. Die Offensive gegen die Islamisten wird inzwischen von zahlreichen westlichen Staaten unterstützt, darunter auch Deutschland. Die Geiselnehmer in Algerien verlangten vom Westen ein Ende des Militäreinsatzes.

An dieser Forderung halten die mutmaßlichen Hintermänner des Angriffs weiter fest. Andernfalls drohten weitere Aktionen dieser Art, erklärte die mit Al-Kaida verbündete Mulathameen-Brigade dem Beobachtungsdienstes Site zufolge im Internet. Die Gruppe hatte sich zuvor zu der Geiselnahme bekannt.

Bei dem viertägigen Drama kamen Arbeiter aus Japan, den USA, aus Großbritannien, Frankreich, Norwegen und Rumänien sowie von den Philippinen ums Leben oder gelten noch als vermisst. Mehr als 700 algerische Arbeiter und mehr als 100 ausländische Mitarbeiter konnten entkommen. Sellal zufolge wurden 29 Islamisten getötet und drei gefasst.

(REU/das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort