Verein für Denkmalpflege Sonsbeck Kriegserinnerungen auf der Filmleinwand

Sonsbeck · Der Verein für Denkmalpflege zeigte zur Vernissage seiner Ausstellung „75 + 1 Jahre Freiheit“ erstmals ein ergreifendes Video mit zahlreichen Zeitzeugenberichten über die Schrecken des Zweiten Weltkrieges in Sonsbeck.

 Bei der Vernissage überreichte Rainer Weber (l.), stellvertretend für Bürgermeister Heiko Schmidt, dem Vorsitzenden des Vereins für Denkmalpflege, Heinz-Peter Kamps, das sogenannte „Sonsbecker Briefchen“ mit einem Unterstützungsobolus der Gemeinde.

Bei der Vernissage überreichte Rainer Weber (l.), stellvertretend für Bürgermeister Heiko Schmidt, dem Vorsitzenden des Vereins für Denkmalpflege, Heinz-Peter Kamps, das sogenannte „Sonsbecker Briefchen“ mit einem Unterstützungsobolus der Gemeinde.

Foto: Ostermann, Olaf (oo)

Es dauerte einen Moment, sich wieder zu fassen, nachdem das Licht im Kastell wieder eingeschaltet worden ist. Ergreifend, oftmals erschütternd, auf jeden Fall zum Nachdenken anregend war die Vernissage des Vereins für Denkmalpflege Sonsbeck am Mittwoch, mit der er nun endlich die bereits für das vorige Jahr geplante Ausstellung zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges eröffnen konnte. Unter dem Titel „75 + 1 Jahre Freiheit“ ist die Ausstellung ab sofort bis zum 21. November immer freitags, samstags und sonntags, ebenso an Allerheiligen im Haus Schiffer an der Hochstraße zu sehen. Im Mittelpunkt der Eröffnung stand die Präsentation eines Kurzvideos, in dem das Grauen, das in Sonsbeck während des Krieges vorherrschte, dargestellt wurde.

Die von Christiane Grütters kommentierte Filmsequenz zeigte aber nicht nur zerbombte Häuser und Höfe, zerstörte Straßen, Panzer, Flugzeugbomber, Artilleriegeschosse, Schützengräben sowie verwundete Menschen, sie zeigte auch ein schmuckes Städtchen, so wie es zur Zeit der Filmaufnahmen aus der Luft zu sehen war. Wichtig war es der engagierten, sechsköpfigen Arbeitsgruppe um das Ehepaar Christiane und Thomas Grütters sowie David Riedel, darauf hinzuweisen, wie kostbar der Frieden ist, in dem Deutschland seit „75 + 1 Jahren“ lebt. „Noch nie hat es eine so lange Zeitspanne ohne Krieg gegeben wie diejenige, in der wir jetzt leben“, mahnte Christiane Grütters und verdeutlichte einfühlsam, „dass wir uns deshalb glücklich schätzen können“.

Der 25-minütige Film „Krieg in Sonsbeck“ ist angelehnt an die Dokumentation „Krieg am Niederrhein“ von Heinz Bosch aus Geldern. Erweitert wurde der Bildstreifen mit Filmsequenzen des britischen Dokumentarfilm-Produzenten Charles Pathé sowie mit Augenzeugenberichten. Zu Wort kommen beispielsweise die Zeitzeugen Johann Rütten, Gertrud Baumann und Marga Hiep. Letzterer gelang es durch ihre ehrlichen Erzählungen, das Publikum bei der Filmpremiere völlig in den Bann zu ziehen. Mitreißend erzählte die betagte Dame vom Hunger der russischen Kriegsgefangenen und von prägenden Ereignissen aus ihrer Kindheit. Die heute 89-Jährige sprach von ihrer Angst, als Jagdbomber auf einem freien Feld über sie und zwei weitere Kinder hergeflogen waren. Auch dass die Kreuze in den Klassenräumen durch Bilder von Hitler ersetzt worden seien und in der Schule statt eines Morgengebets nur noch der Hitlergruß erklungen sei, habe ihr Angst bereitet.

Mit Freude erzählte die belesene Dame, deren Hobby es immer noch ist, Gedichte zu schreiben, aber auch von dem Filmstudio, das Veit Scheuermann von der VTS Medienproduktion mit Hilfe ihres Neffen Dietrich von Quistorp in ihr Wohnzimmer verlegt habe. Noch immer habe sie Spaß an Scheuermanns Kompliment „Ohne sie wäre der Film nur halb so gut geworden“, sagte sie.

Auch Zeitzeuge Theo Hawix war bei der Filmpremiere im Kastell zu Gast. Für den heute 93-Jährigen, der noch in den letzten Kriegsmonaten als 16-Jähriger zur Wehrmacht musste und später in Gefangenschaft geriet, hat der Film zur Ausstellung einen hohen ideellen Wert: „Es ist sehr gut, dass jungen Menschen gezeigt wird, wie gut sie es haben, in einer Demokratie zu leben, im Gegensatz zu uns damals in einer Diktatur. Die Folge davon war Krieg. Krieg ist das Schlimmste, was es gibt“, betonte er.

Eindrucksvoll sind die von Veit Scheuermann geschaffenen Übergänge im Film, die den Zuschauern zeigen, wie es an welcher Stelle im Ort nach den Bombenangriffen ausgesehen hatte. „Dieser Film wird in einer Dauerschleife während der Ausstellung in Haus Schiffer laufen“, erklärte Thomas Grütters. Fünf weitere Kurzfilme, die die Denkmalpfleger unter Hilfestellung von Scheuermann erstellt hatten, rundeten die Filmpremiere ab. Unter dem Titel „75 + 1 Jahre Kriegsende – Ein Spaziergang durch Sonsbeck – damals und heute“ verschafften die Filmsequenzen, die sich dem „Forsthaus Hasenacker“, der „Friedenseiche“, den „Fremdarbeitern in Hamb“, dem „Findling“ und einem „Feldpostbrief von Heinrich Dahmen“ widmen, ebenfalls einen guten Eindruck von Sonsbeck während der Kriegswirren.

Zur Deckung eines Großteils der Kosten wurde dem Verein mit dem Heimatscheck eine Förderung vom Heimatministerium zugestanden, die der Vorsitzende des Denkmalvereins, Heinz-Peter Kamps, am Abend der Vernissage in Empfang nehmen konnte. Entgegennehmen durfte er auch das sogenannte „Sonsbecker Briefchen“ mit einem Unterstützungsobolus der Gemeinde.

Mit Worten tiefer Dankbarkeit gegenüber dem Ehepaar Grütters, David Riedel, Dietrich von Quistorp, dem Unternehmen Zündkerze und vielen weiteren Mitgliedern der Arbeitsgruppe, den Geldinstituten und vor allem den Sonsbeckern, die in den Filmen als Zeitzeugen zu Wort kommen, trat Heinz-Peter Kamps auf die Bühne. Seinen Dank sprach er auch der Gemeinde Sonsbeck und Bürgermeister Heiko Schmidt sowie Veit Scheuermann von der VTS Medienproduktion aus. Er freue sich besonders darüber, dass Cees Pot, ein Vertreter des Vrijheidmuseums in Groesbeek, mit dem der Verein in der Vorbereitungsphase der Ausstellung sehr erfolgreich hätte kooperieren können, den Weg nach Sonsbeck gefunden hatte.

Noch bis zum 21. November ist die Ausstellung im Haus Schiffer zu besuchen, mit der es dem Verein für Denkmalpflege getreu seinem Motto „Ohne Beschäftigung mit der Vergangenheit kann es keine Zukunft geben“ (Zitat von Theodor Heuss) gelungen ist, auch die schmerzliche Geschichte Sonsbecks zu erforschen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

(hvh)
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