Pandemie im Kreis Mettmann Luftwaffe hilft in Pflegeinrichtungen

Wülfrath · Normalerweise bringen sie Eurofighter in die Luft, nun Menschen zu ihren Angehörigen in Pflegeheimen: 49 Soldaten des Taktischen Luftgeschwaders 71 Richthofen sind nun drei Wochen lang im Kreis Mettmann im Einsatz.

 Angenehm ist anders: Bevor Besucher zu ihren Angehörigen ins Pflegeheim Haus Otto Ohl dürfen, müssen sie sich einem Abstrich samt Schnelltest unterziehen. Seit gestern wird das von Soldaten der Luftwaffe erledigt. Hier im Einsatz: Gefreiter Jonas Bertram.

Angenehm ist anders: Bevor Besucher zu ihren Angehörigen ins Pflegeheim Haus Otto Ohl dürfen, müssen sie sich einem Abstrich samt Schnelltest unterziehen. Seit gestern wird das von Soldaten der Luftwaffe erledigt. Hier im Einsatz: Gefreiter Jonas Bertram.

Foto: Achim Blazy (abz)

Corona – dieser Gegner ist winzig klein, aber von enormer Durchschlagskraft. Das ist den zur Unterstützung des Pflegepersonals in die Diakonie-Häuser Otto Ohl und Karl Heinersdorff abkommandierten Soldaten klar. Die Angehörigen des Taktischen Luftgeschwaders 71 Richthofen sollen in den nächsten drei Wochen die Schnelltests am Eingang der Wülfrather Pflegeeinrichtungen übernehmen.

Normalerweise arbeitet die Gruppe an Eurofighter-Kampfbombern oder sorgt dafür, dass auf dem Flugplatz die Piloten zu ihren Maschinen kommen. Seit Donnerstag hat sich die Luftwaffeneinheit mit 49 Freiwilligen aus dem ostfriesischen Wittmund im Kreis Mettmann eingerichtet. „Wir sind hier mit offenen Armen empfangen worden“, sagt Hauptmann Sven Growe. Pflegedienstleitung Petra Weihsenbilder bestätigt das: „Wir sind heilfroh, dass wir diese Unterstützung bekommen.“

Die da aus Wittmund kommen, sind ein Querschnitt der Bundeswehr: Frauen und Männer, von 20 bis über 50, vom Gefreiten über den Stabsfeldwebel bis zum Hauptmann. „Alle haben sich schon vor Längerem freiwillig gemeldet, um zu helfen“, berichtet Hauptmann Growe. Anfang vergangener Woche kursierten auf dem Luftwaffenstützpunkt erste Gerüchte. Am Donnerstag wurde der Marschbefehl in den Kreis Mettmann offiziell. Dafür rollten weder Busse noch Militärlastwagen südwärts. Stattdessen wurden die Unterstützer in Uniform in normalen Autos ins Rheinland verlegt, die zum Teil von Mietwagenfirmen stammen. „Wir sind hier 49 Soldatinnen und Soldaten, die sich auf insgesamt 36 Einrichtungen verteilen werden“, sagt Growe. Da muss die Truppe mobil bleiben.

Am Montag bekamen die Luftwaffenspezialisten beim Deutschen Roten Kreuz Mettmann in drei Gruppen eine Einweisung in Corona-Schnelltests. Im Haus Otto Ohl brauchen Besucher einen tagesfrischen Test, wenn sie ihre Angehörigen besuchen wollen. Das war in den zurückliegenden Wochen nicht immer einfach, berichtet Pflegedienstleiterin Petra Weihsenbilder: „Manchmal hatten unsere Mitarbeiter schon den Eindruck, dass sie als menschliche Prellböcke den gesamten Ärger und Frust mancher Besucher abbekamen.“ Da es mindestens 15 Minuten dauere, bis das Test-Ergebnis vorliegt, bildeten sich Warteschlangen vor dem Haus, was zusätzlich für schlechte Stimmung sorgte. Pflegedienstleiterin Weihsenbilder: „Manch ein Angehöriger wollte dann auch nicht verstehen, warum man am Sonntag schon wieder getestet werden muss, wenn man bereits am Samstag zu Besuch war und einen Abstrich hatte machen müssen.“ So aber sind nun einmal die Regeln: Ein Schnelltest gilt in den Einrichtungen der Bergischen Diakonie und anderswo 24 Stunden lang als Basis für eine Zutrittsberechtigung – länger nicht.

Die Soldaten auf Hilfsmission treffen auf Pflegekräfte, die durch die Pandemie seit einem Jahr mehr arbeiten und erdulden als normal. „Das zehrt an den Kräften“, beobachtet Pflegedienstleiterin Petra Weihsenbilder. In einigen Gesprächen ging es bereits darum, dass Beschäftigte den Beruf wechseln wollten. Auf diese angespannte Situation müssen sich die Bundeswehr-Helfer einstellen. Ob alle aus der Truppen auf den Kontakt mit angespannten Angehörigen und Pflegekräften vorbereitet sind? Hauptmann Growe sieht es realistisch: „Der eine wird Negativerlebnisse einfach wegstecken, der andere darunter leiden.“ Der Wittmunder Militärpfarrer sei jederzeit ansprechbar.

Pflegedienstleiterin Petra Weihsenbilder hat einen Wunsch an die Bundes- und Landesminister: Sie sollen in ihrer Darstellung der Corona-Lage bei der Wahrheit bleiben. Am Freitag etwa habe Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann gesagt, alle stationären Pflegeeinrichtungen seien jetzt durchgeimpft. „Wir hier in Wülfrath haben noch nicht einmal einen Termin dafür. Ich dürfte meinen Mitarbeitern nicht so einen Unsinn erzählen.“

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