Schermbeck Dorfleben anno dazumal

Schermbeck · Ausflug in die Vergangenheit: Der Gahlener Heimatverein veranstaltete an der „Ollen Schuer“ ein Tennenfest.

 Auch der Platz vor der „Ollen Schuer“ war beim Tennenfest gut besucht.

Auch der Platz vor der „Ollen Schuer“ war beim Tennenfest gut besucht.

Foto: Helmut Scheffler

Einen lehrreichen und erlebnisreichen Ausflug in die Lebens- und Arbeitswelt ihrer Vorfahren boten Mitglieder des Heimatvereins Gahlen am Sonntag im Umfeld der „Ollen Schuer“ an der Gahlener Bruchstraße. Ganztägig nutzten mehrere hundert Besucher die Gelegenheit, verschiedenen Arbeitsgruppen des mehr als 600 Mitglieder zählenden Heimatvereins bei der Arbeit zuzuschauen.

Auf dem Acker des Heimatvereins wurden von den Landtechnikfreunden gleich mehrere landwirtschaftliche Arbeitsvorgänge gezeigt, die erforderlich sind, um aus Getreidekörnern Brot herstellen zu können. Auf einem Feld westlich der „Ollen Schuer“, das der Heimatverein vor fünf Jahren von der Familie Hemmert-Halswick pachtete, zeigten Ludger Jansen  und Sven Nuycken, wie vor über einem halben Jahrhundert mit Hilfe eines Mähbinders die vorher übliche Arbeit mit der Sense durch eine damals moderne Landtechnik ersetzt wurde. Auf einem Leiterwagen wurden am Sonntag die Roggen-Garben zu einer Dreschmaschine gebracht, die um 1950 in der Maschinenfabrik Holthaus in Lohne-Dinklage gebaut wurde. Erstbesitzer der sechs Meter langen und 2,60 m breiten Dreschmaschine vom Typ „Reform 31“ mit angebauter Welger-Presse war ein Bauer aus dem Uedemer Bruch in der Nähe von Kleve. Wie sehr sich innerhalb von wenigen Jahrzehnten das Erntebrauchtum verändert hat, wurde deutlich, als Holger Hemmert mit einem Claas-Mähdrescher  einen Teil des Roggenfeldes erntete.

 Die „Waschwiever“ Beate Heyne, Sabine Höchst und Anne Ruloff (v. l.) zeigten einzelne Vorgänge einer „großen Wäsche“.

Die „Waschwiever“ Beate Heyne, Sabine Höchst und Anne Ruloff (v. l.) zeigten einzelne Vorgänge einer „großen Wäsche“.

Foto: Helmut Scheffler

Für den weiteren Verarbeitungsprozess des Getreides zu Mehl konnten die Landtechnikfreunde diesmal eine Schrotmühle einsetzen, die der Heimatverein vom Grafenwalder Bauern Knipping erhielt. Die Mühle wurde über Keilriemen durch die Kraft eines Standmotors angetrieben. Ein Stückchen weiter wurden Kartoffeln maschinell mit der „Wühlmaus“ ausgegraben, die gegen eine Spende von den Besuchern gesammelt und nach Hause mitgenommen werden konnten.

 Die Tanzgruppe des Gemener Heimatvereins erfreute die Besucher des Gahlener Tennenfestes mit westfälischen Volkstänzen.

Die Tanzgruppe des Gemener Heimatvereins erfreute die Besucher des Gahlener Tennenfestes mit westfälischen Volkstänzen.

Foto: Helmut Scheffler

Mehrere befreundete Vereine brachten landwirtschaftliche Geräte mit nach Gahlen, sodass ein  richtig großes Open-Air-Museum entstand. Gleich mit zehn Traktoren rückte der von Heinrich Hülsemann geleitete Heimatverein Oberlohberg an. Holger Hemmert von der historischen Löschgruppe des Gahlener Heimatvereins stellte die Multicar-Drehleiter „MC 22-1“ vor, deren Umbau rund 1400 Arbeitsstunden in Anspruch nahm.

 Für den weiteren Verarbeitungsprozess des Getreides zu Mehl konnten die Landtechnikfreunde zum ersten Mal eine Schrotmühle einsetzen.

Für den weiteren Verarbeitungsprozess des Getreides zu Mehl konnten die Landtechnikfreunde zum ersten Mal eine Schrotmühle einsetzen.

Foto: Helmut Scheffler

Zu einem richtigen Hingucker wurde eine Dampf-Straßenlokomotive aus dem Jahre 1904, die dem Weselerwalder Heimatvereinsmitglied Erhard Beloch gehört. Die im englischen Leeds hergestellte Lokomotive wurde zunächst in der Holzindustrie eingesetzt. Danach wurde sie zum Transport schwerer Güter in der Schwerindustrie verwendet. Vier Stunden lang dauerte die Fahrt von Weselerwald nach Gahlen, weil unterwegs regelmäßig Stopps nötig waren, um die Maschinenteile zu ölen, Kohle oder Wasser nachzufüllen.

 Zu einem richtigen Hingucker wurde eine Dampf-Straßenlokomotive aus dem Jahre 1904, die dem Weselerwalder Heimatvereinsmitglied Erhard Beloch gehört.

Zu einem richtigen Hingucker wurde eine Dampf-Straßenlokomotive aus dem Jahre 1904, die dem Weselerwalder Heimatvereinsmitglied Erhard Beloch gehört.

Foto: Helmut Scheffler

Beim Rundgang durch die „Olle Schuer“ konnten die Besucher all die Gerätschaften besichtigen, die die Gahlener Bevölkerung in früheren Zeiten benutzte, um die Arbeiten im Haushalt, im Stall und auf den Feldern bewältigen zu können. Die „Historische Löschgruppe“ stellte ihren neuen Raum im Erdgeschoss vor. In diesem westlichen Teil der Scheune sind im  Verlauf der letzten drei Jahre völlig neue Räume entstanden. Im Erdgeschoss gibt es jetzt einen Raum, in dem der mühevolle Waschvorgang demonstriert werden kann. Bei guter Witterung standen Sabine Höchst, Beate Heyne und Anne Ruloff diesmal draußen und zeigten den Wäschevorgang vom Waschbrett bis zum Mangeln.

 Die Arbeit mit einem Mähdrescher bei der Roggenernte stellte Holger Hemmert vor.

Die Arbeit mit einem Mähdrescher bei der Roggenernte stellte Holger Hemmert vor.

Foto: Helmut Scheffler

Im Obergeschoss konnten die im vergangenen Jahr komplett eingerichteten Museumsräume besichtigt werden: eine Küche, ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und zwei kleine Nebenräume mit Sammlungen von Haushaltsgeräten und Dingen, die mit dem schulischen Alltag zusammenhängen. „Wir kriegen immer wieder Geschenke oder Leihgaben, mit deren Hilfe unsere Bestand ergänzt werden kann“, freut sich der HV-Vorsitzende Jürgen Höchst über das stetige Wachstum der Ollen Schuer. Neu zum Bestand des Museums gehört ein Zahlenstrahl mit den wichtigsten Daten aus der Geschichte Gahlens. Diesen Zahlenstrahl erstellte Egon Unterberg anlässlich der 1225-Jahrfeier des Lippedorfes im Jahre 2013.

Für das leibliche Wohl sorgten gleich mehrere Gruppen. Die  „Küchenfeen“ lockten hungrige Besucher mit Reibekuchen, Erbsensuppe und Pfannkuchen. Am Getränkestand wurde selbst gebrautes „Lippe-Bräu“ ausgeschenkt. Als Kiepenkerl bewies Gerhard Becks den Besuchern, dass man Korn auch in flüssiger Form zu sich nehmen kann. Eine reichliche Kuchenauswahl erwartete die Besucher des Cafés, das von den Frauen der Landtechnikfreunde betrieben wurde.

Eine achtköpfige Tanzgruppe des Heimatvereins Gemen gastierte am Sonntag beim Gahlener Tennenfest, das der Heimatverein Gahlen im Jahre 2011 erstmals als „Dreschfest“ veranstaltete. Die von Karl-Heinz Ebbing geleitete Tanzgruppe erfreute die Besucher mit einer Serie westfälischer Volkstänze. Die Schermbecker Sängerin Sally Sue unterhielt die Gäste mit Country-Musik.

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