Goldener Meisterbrief für Hartmut Neuenhoff Lieber Lackierer statt Pilot

Brünen · Hartmut Neuenhoff hat den Goldenen Meisterbrief erhalten. Einer der Gratulanten war sein ehemaliger Lehrling Thorsten Starrat. Beide trafen sich nun erneut und sind sich einig: Das Handwerk hat zwar goldenen Boden, steht aber vor großen Problemen.

 Hartmut Neuenhoff (mit Goldenem Meisterbrief unter dem Arm) im Gespräch mit Obermeister Thorsten Starrat (l.), seinem Sohn Thorsten Neuenhoff (r.) und Winfried Giesen, der 1977 Hartmut Neuenhoffs erster Lehrling war.

Hartmut Neuenhoff (mit Goldenem Meisterbrief unter dem Arm) im Gespräch mit Obermeister Thorsten Starrat (l.), seinem Sohn Thorsten Neuenhoff (r.) und Winfried Giesen, der 1977 Hartmut Neuenhoffs erster Lehrling war.

Foto: Klaus Nikolei

Der vergangene Freitag war für Hartmut Neuenhoff ein besonderer Tag. Denn im Rahmen einer Feierstunde wurde dem Maler- und Lackierermeister aus Brünen in den Räumen der Kreishandwerkerschaft Essen der Goldene Meisterbrief der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld überreicht. Vor 50 Jahren hatte der heute 75-Jährige in Lemgo seine Meisterprüfung erfolgreich abgelegt.

Zu den ersten Gratulanten zählte Thorsten Starrat aus Marienthal, der nach seinem Hauptschulabschluss 1984 als 15-Jähriger bei der Firma Neuenhoff an der Bergstraße in Brünen seine Lehre als Fahrzeuglackierer absolvierte. Er gehört zu den 31 jungen Leuten, die bei Hartmut Neuenhoff erfolgreich ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Der 53-Jährige hat Karriere gemacht: Nach vielen Jahren als Außendienstmitarbeiter eines Lackherstellers ist er nicht nur als Unternehmer in Duisburg erfolgreich, sondern seit zwei Jahren auch Obermeister der Fahrzeuglackierer-Innung Essen.

Am Mittwoch hat Thorsten Starrat seinem alten Lehrherrn und dessen Sohn Thorsten Neuenhoff in der Firma Auf dem Stemmingholt einen Besuch abgestattet. In eine umgebaute, ehemalige Halle der früheren Fensterbaufirma Knipping ist das Familienunternehmen im Jahr 2008 gezogen. Bei Kaffee, Quarkbällchen und Spekulatius plauderten die drei Meister über alte Zeiten, über die Pandemie und darüber, dass das Handwerk zwar nach wie vor „goldenen Boden“ habe, doch kaum ein junger Mensch Interesse zeige, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen.

Wobei Jubilar Hartmut Neuenhoff am Rande des Gesprächs auf Anfrage unserer Redaktion zugegeben hat, dass auch er ursprünglich nicht in die Fußstapfen seines Vaters Otto Neuenhoff habe treten wollen. „Aber mein Vater war damals krank. Und ich wusste, dass ich ihm helfen muss. Ansonsten wäre ich liebend gerne Berufspilot geworden“ (siehe Infobox).  Also entschied sich der damals 16-Jährige für eine Malerlehre im elterlichen Betrieb, den sein Großvater Heinrich Wüstemeyer im Jahr 1908 gegründet hatte. 

Die Firma Neuenhoff war einst ein reiner Malerbetrieb. Otto Neuenhoff begann dann in den 60er-Jahren mit ersten Lackierarbeiten. Hartmut Neuenhoff absolvierte im elterlichen Unternehmen nicht nur eine Maler- und Lackiererlehre, sondern hing noch eine zweite Ausbildung zum Fahrzeuglackierer an. 1971 hatte er nicht nur zwei Gesellenbriefe in der Tasche, sondern auch einen Meisterbrief. 

Sechs Jahre später übernahm er das Geschäft des Vaters, um sich auf das Lackieren von Autos zu spezialisieren. Seine Frau Elke Neuenhoff führte zusammen mit ihrem Schwiegervater Otto den Malerbetrieb noch gut zehn Jahre weiter.

Auch Elke und Hartmut Neuenhoffs Sohn Thorsten hatte zunächst keinerlei Ambitionen, in das Familienunternehmen einzusteigen. Nach der Schule absolvierte er eine Ausbildung bei Elektrotechnik Eimers in der nahen Brüner Unterbauernschaft und ging danach zur Bundeswehr. „Damals habe ich mir Gedanken gemacht und die Entscheidung getroffen, dann doch in die Firma einzusteigen“, erzählt der 47-Jährige. Weil seit Jahren viele Autolackierereien im Auftrag von Versicherungen auch Karosseriearbeiten durchführen, erlernte Thorsten Neuenhoff den Beruf des Karosserieinstandhalters. Wie der Vater, von dem er die Betriebsleitung 2009 übernommen hat, ist auch er Meister und darüber hinaus auch noch Betriebswirt des Handwerks.

Der Chef von 15 Mitarbeitern (inklusive drei Lehrlinge) hofft inständig, dass es trotz der hohen Inzidenzen nicht wieder zu einem Lockdown kommt. „Denn das Frühjahr 2020 war für uns eine Katastrophe. Weil weniger Menschen mobil waren, gab es auch weniger Unfälle, so dass wir deutlich weniger zu tun hatten.“ Augenblicklich sind die Auftragsbücher gut gefüllt.

Gerne würde Thorsten Neuenhoff im August 2022 neue Lehrlinge einstellen. Allerdings fehlen ihm noch die Bewerber. „Wir bedauern sehr, dass die Hauptschulen in der Umgebung geschlossen wurden. Von dort haben wir stets unsere Lehrlinge bekommen. Nun gehen alle zur Gesamtschule und sollen nach dem Wunsch der Eltern möglichst Abitur machen. Und wir kriegen so gut wie keine Leute mehr“, bedauert der Firmenchef. Dabei kann eine Ausbildung im Handwerk ein perfekter Start ins Berufsleben sein.

In diesem Zusammenhang erinnert Hartmut Neuenhoff an einen Satz vom Essener Kreishandwerksmeister. „Der hat am Freitag davon gesprochen, dass das Handwerk goldenen Boden habe. Das sei früher so gewesen, das sei immer noch so. Heute einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen sei leichter, als bei einem Handwerker.“ Obermeister Starrat und Firmenchef Neuenhoff nicken. „Genauso ist es.“

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