Amtsgericht Wermelskirchen Freispruch wegen Zweifel an der Schuld des Angeklagten

Wermelskirchen · Ein eminent wichtiger Grundsatz der Rechtsprechung lautet In dubio pro reo – auf Deutsch: Im Zweifel für den Angeklagten. Das heißt letztlich nichts anderes, als dass die Schuld des Angeklagten zweifelsfrei bewiesen sein muss, um zu seiner Verurteilung zu führen. Das ist im Amtsgericht Wermelskirchen zuletzt nicht gelungen.

 Die Zweifel an der Schuld des Angeklagten konnten nicht ausgeräumt werden.

Die Zweifel an der Schuld des Angeklagten konnten nicht ausgeräumt werden.

Foto: dpa/Uli Deck

Sollten für das Gericht letzte Zweifel an der Schuld bestehen, kann der Angeklagte also auch nicht verurteilt werden. Zur Anwendung kommt dieser Grundsatz, der übrigens nicht in einem Gesetz festgelegt ist, etwa dann, wenn Aussage gegen Aussage steht – und auch Zeugen kein Licht ins Dunkel der verhandelten Angelegenheit bringen können. So jüngst im Amtsgericht, als gegen einen 21-Jährigen Wermelskirchener wegen Vortäuschen einer Straftat und Falschaussage gegenüber Polizeibeamten verhandelt wurde.

Der junge Mann, der mittlerweile in Remscheid lebt, sei in der Nacht auf den 1. September des Vorjahres gegen 0.30 Uhr auf dem Nachhauseweg von einem Polterabend von zwei anderen jungen Männern verprügelt und mit einem Messer bedroht sowie dazu gezwungen worden, durch Brennnesseln zu gehen. Zumindest hatte er dies im Krankenhaus Wermelskirchen gegenüber einem Polizeibeamten angegeben, der wegen eines anderen Falls zufällig ebenfalls dort gewesen ist. Die Ermittlungen gegen die vermeintlichen Täter hätten jedoch kein Ergebnis gebracht und seien wieder fallengelassen worden.

Im Umkehrschluss seien daraufhin Ermittlungen gegen den 21-Jährigen aufgenommen worden – die ihn letztlich vor das Amtsgericht brachten. Die beiden als Zeugen geladenen 18- und 19-Jährigen gaben an, den Angeklagten entweder gar nicht oder nur kurz auf der Feier gesehen zu haben.

Es habe aber eine Vorgeschichte gegeben, die separat verhandelt werde. Demnach solle der Angeklagte dem 19-Jährigen ein Glas ins Gesicht geschlagen haben. Er soll auch ein Messer bei sich gehabt haben. „Und laut Aussage des Veranstalters soll der Angeklagte gedroht haben, mit die Kehle aufzuschlitzen“, sagte der 18-Jährige. Der Angeklagte sei schließlich der Feier verwiesen worden. Zu einer Begegnung zwischen den jungen Männern sei es jedoch nie gekommen. Alle Aussagen waren in sich stimmig, und auch der 28-jährige Polizeibeamte, der mit dem Angeklagten im Krankenhaus gesprochen hatte, konnte über die aufgenommene Anzeige hinaus nichts Klärendes beitragen.

„Ich weiß einfach nicht, welche Seite jetzt die Wahrheit gesprochen hat. Persönlich bin ich nicht davon überzeugt, dass eine der beiden Parteien gelogen hat. Beide Geschichten klingen für mich plausibel und möglich“, sagte die Staatsanwältin. Manche Dinge würden einfach unaufgeklärt bleiben, wenn Aussage gegen Aussage stehe, ergänzte sie: „Und weil ich nicht sagen kann, welche Variante die Richtige ist, beantrage ich, den Angeklagten freizusprechen.“ Dem schloss sich auch die Richterin an, so dass der 21-Jährige den Gerichtssaal schließlich als freier Mann verlassen konnte – eben: im Zweifel für den Angeklagten.

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