Viersen-Dülken Wie das Berufskolleg in Afrika hilft

Viersen · Schüler der Internationalen Förderklassen haben in der Projektwoche gebastelt und genäht, um Spenden zu sammeln. Der gesamte Erlös wurde einer Organisation gespendet, die Jugendlichen in Afrika Bildung und Überleben ermöglicht.

 Alpha Sow flüchtete als 15-Jähriger aus Guinea. Im Berufskolleg in Viersen lernt er die deutsche Sprache – und Nähen.

Alpha Sow flüchtete als 15-Jähriger aus Guinea. Im Berufskolleg in Viersen lernt er die deutsche Sprache – und Nähen.

Foto: Alpha Sow

Nur wenige Minuten braucht Alpha Sow, um die Einzelteile zu fertigen. Gekonnt näht er die Ränder des Beutels ein, dann kommen die Henkel dran – fertig ist die Tasche. „Dass jemand mit 16 Jahren so nähen kann, hat uns überrascht“, sagt Sarah Opfermann, Klassenlehrerin der Internationalen Förderklasse am Viersener Berufskolleg. Vor einem Jahr kam der heute 17-Jährige nach Deutschland. Neun Monate dauerte seine Flucht. Das Nähen mache ihm Spaß, sagt Sow.

Angefangen hat der Jugendliche aus Guinea damit aber aus anderen Gründen. „Als mein Vater tot war, hatte unsere Familie keinen Versorger mehr“, sagt Sow. Mit zwölf Jahren begann er zu arbeiten – als Näher. Er ist der älteste Sohn in der Familie, seine Schwestern sind heute acht und zwölf Jahre alt. Mit 15 Jahren flüchtete Sow aus seiner Heimat.

Er ist nicht der einzige in den Internationalen Förderklassen mit einer derartigen Geschichte. Viele der Jugendlichen haben teils jahrelange Flucht hinter sich, andere haben ebenfalls bereits als Kinder gearbeitet, manche können durch monatelange Zwischenaufenthalte in verschiedenen Ländern auch die Grundlagen in mehreren Sprachen. Eins der Hauptziele des Unterrichts in diesen Klassen: Deutsch lernen und im besten Fall den Einstieg in eine Ausbildung schaffen.

 Alpha Sows Internationale Förderklasse am Berufskolleg Dülken hatte die Idee, die Einnahmen an „Learning Lions“ zu spenden.

Alpha Sows Internationale Förderklasse am Berufskolleg Dülken hatte die Idee, die Einnahmen an „Learning Lions“ zu spenden.

Foto: Julia Esch

In der jüngsten Projektwoche am Berufskolleg durften alle Schüler an verschiedenen Projekten mitarbeiten. Die Internationalen Förderklassen IFK91 und 92 entschlossen sich, kleine nützliche Gegenstände wie Portemonnaies, Taschen und Kissen zu fertigen. Am Tag der Offenen Tür zum Abschluss der Projektwoche wurden die Sachen gegen kleine Spenden verkauft.

Von 1,50 bis 2,50 Euro reichten die Preise, doch die meisten hätten noch zur Spende etwas draufgelegt, sagt Ulrich Unzner, Leiter der Ausbildungsvorbereitung. „Mit zwei Nähmaschinen saßen schließlich die Schüler im Eingangsbereich und haben genäht“, sagt Unzner. Denn die kleinen Stoffartikel seien sehr gefragt gewesen, da hätten die Schüler kurzerhand für Nachschub gesorgt.

 Auch die anderen Schüler des Berufskollegs unterstützten die Spendenaktion – und fertigten mit der Laubsäge Weihnachtsdeko an, die verkauft wurde.

Auch die anderen Schüler des Berufskollegs unterstützten die Spendenaktion – und fertigten mit der Laubsäge Weihnachtsdeko an, die verkauft wurde.

Foto: Julia Esch

Tradition an der Schule ist es, dass mit diesen Einnahmen ein karitatives Projekt unterstützt wird. Bislang seien es die „Krim-Engel“ der „Freunde von Kanew“ gewesen, einem Verein, der sich für humanitäre Hilfe in der Krimregion in der Ukraine engagiert. „Dieses Jahr wollten wir uns etwas neues überlegen.“ Das Schulteam habe sich Gedanken gemacht, welches Projekt auch zu den Geschichten der Schüler passen könnte, sagt Unzner. „Schließlich kamen wir auf das Projekt von Ludwig Bayern.“

Der IT-Fachmann, der Politikwissenschaften und Jura studiert hat, ist einer der Gründer der „Learning Lions“. Die Non-Profit-Organisation setzt sich dafür ein, dass junge Menschen Coding zum Bauen von Apps und Webseiten und digitale Gestaltung von Medien erlernen können. Startpunkt war eine Region in Kenia – mittlerweile sind weitere Einsatzgebiete in abgelegenen Regionen afrikanischer Länder hinzugekommen.

Vor allem Gebiete, in denen die Böden nicht mehr fruchtbar sind und keine andere Überlebensmöglichkeiten bestehen. Die Idee ist: Junge Menschen in Not können so durch das Internet Geld verdienen, auch wenn es im Ort keine Infrastruktur mit Firmen und Auftraggebern gibt. Besonders gefördert werden auch Frauen in dem Bildungsprogramm. Im Schnitt verdienen die jungen Erwachsenen etwa 100 Euro im Monat.

238,50 Euro kamen in der Projektwoche im Dülkener Berufskolleg zusammen. Dazu trugen nicht nur die genähten Arbeiten bei. Schüler der Ausbildungsvorbereitungsklasse AV92 sägten aus Sperrholz Engel aus, die ebenfalls gegen Spenden verkauft wurden. Das gesamte Geld wurde an die „Learning Lions“ gespendet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort