Zweiter Fall von Jagdwilderei in Brüggen Rehmutter angeschossen - Nachwuchs hat keine Überlebenschance

In einem zweiten Fall von Jagdwilderei in Niederkrüchten/Brüggen innerhalb weniger Tage sucht die Polizei Zeugen. Erneut wurde eine Ricke mit einem Schuss verletzt. Die Naturschutzwacht soll vermehrt auf Tiere achten.

 Die Suche nach den zurückgebleibenen Kitzen blieb bisher in beiden Fällen erfolglos. Laut Experten haben sie ohne Mutter keinerlei Überlebenschance.

Die Suche nach den zurückgebleibenen Kitzen blieb bisher in beiden Fällen erfolglos. Laut Experten haben sie ohne Mutter keinerlei Überlebenschance.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Die Polizei ermittelt in einem weiteren Fall von Jagdwilderei in Brüggen/Niederkrüchten während der Schonzeit – und erneut droht dem Nachwuchs ohne Muttertier der sichere Tod.

Ein erster Fall von Jagdwilderei in Brüggen hatte vor Pfingsten für Empörung, aber auch für eine Welle der Anteilnahme und Hilfsbereitschaft in den sozialen Netzwerken wie Facebook gesorgt. „Wir haben zahlreiche Vorschläge erhalten, wie wir die zurückgebliebenen Kitze suchen könnten“, sagt eine Polizeisprecherin. Doch eine Suche – etwa wie vorgeschlagen mit einer Drohne – sei schwierig: Zum einen wisse die Polizei nicht, wo genau sie die Tiere suchen müsse. Wenn aber Jungtiere gefunden würden, sei zum anderen nicht festzustellen, ob es sich um die gesuchten handele oder um andere Tiere, die noch von ihrer Mutter versorgt werden.

Der zweite Fall ereignete sich bereits am 4. Juni, wurde laut Polizei jedoch erst am Dienstag bekannt. Ein Jagdpächter erstattete bei der Polizei Strafanzeige wegen des Verdachts der Jagdwilderei. Das teilte die Polizei am Mittwoch mit. In seinem Revier, das an den Eichenweg in Brüggen und den Diesberg in Overhetfeld grenzt, war ein totes Reh entdeckt worden. Das weibliche Tier war an der Schulter angeschossen worden „und an den Folgen der Schussverletzung verendet“, so eine Polizeisprecherin. Vermutlich war der Tod aber bereits mehrere Tage eingetreten, bevor das Tier gefunden wurde. Laut Polizei war der Kadaver bereits aufgedunsen. Sie geht davon aus, dass auch diese verendete Ricke Nachwuchs hat. Er ist aber unauffindbar. Ohne Nahrung hat er keinerlei Chance zu überleben.

Einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen kann die Polizei nicht ausschließen, aber bisher auch nicht herstellen. Dafür werden Zeugen benötigt. Da der Kadaver im aktuellen Fall bereits entsorgt worden ist, weiß die Polizei nicht, welche Munition verwendet wurde. Beim ersten Fall war das Muttertier mit kleinkalibriger Munition angeschossen worden und anschließend verendet.

Die Suche nach den Jungtieren gestaltet sich selbst für Experten schwierig. Die biologischen Hintergründe erläutert Ansgar Reichmann, Leiter der Biologischen Station Krickenbecker Seen in Nettetal-Hinsbeck: „Rehe suchen für ihren Nachwuchs einen sicheren Platz, um ihn vor Feinden wie Füchsen, aber auch vor Menschen zu schützen.“ Die Ricke suche die Tiere oft nur zum Säugen auf. Die Kitze selbst hätten keinen eigenen Geruch. „Sobald aber Menschen mit den Tieren in Kontakt kommen und sie berühren, nehmen sie einen anderen Geruch an“, so der Experte. Dies könne dazu führen, dass ein Muttertier den Nachwuchs nicht mehr annehme und versorge. Zurückgelassene Kitze könnten wegen ihres gut getarnten Aufenthaltsortes in der Regel nur zufällig gefunden werden. „Ich bin beim Karieren einmal auf ein Rehkitz gestoßen, dessen Hunger so groß war, dass es allein Nahrung gesucht hat“, erinnert sich Reichmann. Doch dies sei eher die Ausnahme. In der Regel hätten Rehkitze ohne ihre Mutter, die sie mit Nahrung versorge keine Überlebenschance.

Auch der Kreis Viersen reagiert auf die beiden aktuellen Fälle, wie Monika Buschmann, Leiterin der zuständigen Unteren Jagd- und Fischereibehörde, sagt. „Wir haben die Ehrenamtler der Naturschutzwacht, die Veränderungen in der Landschaft beobachten, um erhöhte Aufmerksamkeit gebeten. Der Kreis arbeite an einer besseren Vernetzung der Naturschutzwacht mit den Jagdschutzbeauftragten für die einzelnen Reviere  Allerdings sieht auch Buschmann bei Fällen von Jagdwilderei eine „gewisse Machtlosigkeit“. Zudem mahnt sie die Ehrenamtler und alle, die sich im Wald bewegen, zur Vorsicht gegenüber möglicherweise bewaffneten Jagdwilderern: „Ein solches Treffen ist ja nicht ganz ungefährlich.“

Hinweise Die Polizei bittet um Hinweise unter der Telefonnummer 02162 3770.

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