Tumulte im Gerichtssaal während der Verhandlung gegen einen 56-jährigen Solinger Weltkriegs-Bajonett als Waffe

SOLINGEN/WUPPERTAL · Mit einem Eklat endete die erste Hälfte der Verhandlung gegen einen 56-jährigen Solinger, der seinen Freund – so die Anklage am Landgericht in Wuppertal – in durchzechter Nacht mit einem Weltkriegs-Bajonett schwer verletzt hatte.

Ein Stiefsohn als Zuschauer, der die Aussagen des Solingers vom ersten Verhandlungstag als unglaubwürdige Schönfärberei angesehen hatte, war gekommen, um eventuell als Zeuge über die nicht ganz einfache Familiensituation zu informieren. Dies wurde aber vom Gericht und den Parteien abgelehnt, weil es wohl schon mehrere Zeugen dafür gab und auch die Vernehmungsakten ziemlich ausführlich waren.

Als der Angeklagte zur Mittagspause in die Gerichtszelle gebracht werden sollte, stürmte der Stiefsohn nach vorne, fotografierte mit seinem Handy und beschimpfte den Angeklagten heftig. Den Versuch, zu ihm zu gelangen, konnten die Justiz-Bedienstenen aber abwehren.

Nach heftigem Handgemenge und lautem Geschrei, dass der Angeklagte auch für den Tod seiner Mutter verantwortlich sei, wurde er von mehreren Beamten überwältigt und des Gerichtes verwiesen.

Heftigen Gegenwind bekamen die Schilderungen des 56-jährigen. Behauptet hatte er am ersten Termin nur ein Versehen, ein Rumgefuchtel mit der Waffe. In der Schilderung seines Lebenslaufes habe er sich ausnehmend gut dargestellt – zu gut, wie ein Stiefsohn empört feststellte und als Zeuge zur Familiensituation vernommen werden wollte. Eine schlimme Jugend, wie selbst erzählt, habe der Angeklagte nie gehabt. Stattdessen seien Alkoholmissbrauch und Gewalt die bestimmenden Faktoren gewesen – da habe es sogar einen Raubüberfall auf die Metzgerei der eigenen Eltern gegeben.

Waffen seien eine Leidenschaft gewesen, zusätzlich zu den gefundenen habe es noch Pistolen und Revolver und sogar eine Handgranate gegeben. Seine Mutter sei regelmäßig geschlagen worden. Deren Tod habe der Angeklagte erst fünf Tage später gemeldet, solange habe er neben ihr im Bett geschlafen – er halte ihn für ihren Tod verantwortlich. Daß ihn das Gericht nun nicht außer der Reihe als Zeugen für die Familiengeschichte hören wollte, erregte ihn als Zuschauer über alle Maßen. Als er den Stiefvater in einer Pause schreiend beschimpfte und zu ihm vordringen wollte, führte das zu einem Eklat. Mehrere Justizwachtmeister mussten den um sich Schlagenden bändigen und ihn aus dem Gericht entfernen.

Seine Vorwürfe bestätigte in Teilen seine Schwester, die sich bereits früher von der Familie losgesagt hatte – das vergiftete Klima und die Trunksucht beider Eltern habe sie abgestoßen. Je mehr Alkohol, desto lauter und aggressiver sei der Angeklagte gewesen.

Ähnlich, wenn auch nicht so feindselig, gab das gleichaltrige Opfer Einblick in eine Bekanntschaft, die seit 30 Jahren bestand. Schläge im Suff habe es auch gegen ihn gegeben, wenn er sich beispielsweise in einen Streit der Eheleute eingemischt habe. Sei er nicht dabei gewesen, habe die Frau die Schläge ertragen müssen. Eine Wanderung am Tag nach der Tat, wie der Angeklagte behauptet hatte? Nie geplant, er hätte mitten in der Woche in seinem Lokal in Unterburg arbeiten müssen. An die Tat selber habe er keine Erinnerung. Dass es nicht nur kleine Schramme gewesen sei, sondern kritisch hätte enden können, habe ihm der Arzt in der Klinik gesagt. Eine Operation am Schädel sei notwendig gewesen. Über eine Stunde habe er mit Blutverlust in der Wohnung gelegen, über fünf Wochen sei er arbeitsunfähig gewesen.

Trotz allem nahm er die Entschuldigung des Angeklagten an und wünschte ihm „dass er gut aus der Sache rauskommt“. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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