Veener Dorfgespräche Leader: Frust größer als der Gewinn

Alpen-Veen · Leo Giesbers, Sonsbecks Alt-Bürgermeister, hat auf dem Dorfpodium über das Leader-Programm zur Förderung ländlicher Regionen ordentlich Dampf abgelassen. Der Vorsitzende der Leader-Region „Niederrhein: Natürlich lebendig“, zu der sich Alpen, Rheinberg, Sonsbeck und Xanten zusammengeschlossen haben, kritisierte das Programm als bürokratisches Monster, das kaum zu zähmen sei und viele gute Ideen im Keim ersticken würde.

 Leo Giesbers übte massive Kritik am Leader-Projekt.

Leo Giesbers übte massive Kritik am Leader-Projekt.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Er sei sehr enttäuscht, sagte Giesbers, plädierte dennoch dafür, sich nicht entmutigen zu lassen.

Alles sei geregelt, so Giesbers. Er sehe sich verkrusteten Strukturen gegenüber, die nicht aufzubrechen seien. „Der bürokratische Wahnsinn wird von Jahr zu Jahr schlimmer.“ Dabei seien er und die Weggefährten mit Euphorie ans Werk gegangen, den mit 2,8 Millionen Euro gefüllten Fördertopf für die vier Kommunen sinnvoll zu nutzen. Inzwischen habe sich Ernüchterung breit gemacht.

Initiativen an Fördertöpfe zu bringen, gelinge kaum. Mal seien sie zu „mainstreamig“, dann „nicht innovativ“ genug. Kleine Vereine und Institutionen hätten keine Chance, ihre Ideen umzusetzen. Er mache oft „die Faust in der Tasche“, wenn Initiativen abprallen, weil die Hürden für vergleichbar geringe Anliegen überwindbar seien. Das schaffe Frust und sei „jammerschade“.

Er komme sich vor, wie „ein Briefträger“, der Anträge zu den Entscheidern bringe und mit schlechten Nachrichten heim käme. Dabei wüssten die Menschen vor Ort am besten, was Not tue. All das sei Ursache dafür, dass nach der Hälfte der Projektzeit noch mehr als eine Million Euro im Topf seien. Der Leader-Vorsitzende formulierte einen fast flehentlichen Appell, neue Ideen zu schmieden, um am Ende doch noch was Gutes für die Region herauszuholen.

Giesbers Kritik war die konkrete Ausgestaltung der These von Prof. Gerhard Henkel, dass übergeordnete Institutionen es den Dörfern schwer machten, ihre Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Der Dorfpapst warnte davor, nur immer neue Fördertöpfe aufzumachen, die mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden seien. Henkel plädiert dafür, die „Töpfchenwirtschaft“ abzuschaffen, den Dörfern besser eine fixe Summe zu überweisen, die sie frei verwenden dürften. Das sei ein „Vertrauensvorschuss“ und sicher gut angelegtes Geld.

Einen positiven Schluss zog Leo Giesbers dann noch aus seinen Leader-Erfahrungen: „Wir in der Region sind uns näher gekommen.“ Ein kleines Netzwerk auf dem Lande ist geknüpft.

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