Rheinberg Türkisch kochen für Freunde und Nachbarn

Rheinberg · "Ist hier noch frei?", fragt die Rheinbergerin, die einen Döner in der Hand hält; "tabi, natürlich", kommt die einladende Geste des jungen türkischstämmigen Mannes und die freundliche Aufforderung, sich gerne niederzulassen auf der Bank. Die steht mit vielen weiteren Bänken und Tischen unter einem langen weißen Pavillon auf einem Platz an der Annastraße 69a. Die Bänke sind gut belegt, in der Mehrzahl von Frauen und Kindern, in fröhlichen Gesprächen miteinander vertieft. Die Männer sitzen auf der Terrasse, trinken Tee. Es wird viel gelacht - und es wird viel und vor allem gut gegessen bei dem Herbstfest der türkisch-islamischen Gemeinde.

 Söhret Cevlik brät für die Besucher ein Hamsitava - das sind Sardellen in Maismehl.

Söhret Cevlik brät für die Besucher ein Hamsitava - das sind Sardellen in Maismehl.

Foto: Olaf Ostermann

Seit etwa drei Jahren nutzt sie ein Gebäude neben dem Penny-Markt an der Annastraße, das früher ein Chinalokal und dann ein Fitnessstudio beherbergte. In Eigenleistung wurde es von Mitgliedern der Gemeinde zum Gebetshaus, zur Religionsschule, zum Kulturzentrum und Jugendheim umgebaut. Jeden Freitag ist es den ganzen Tag offen, "für alle", sagt Ahmet Tilki (45), der seit 1997 in Deutschland lebt und Vorsitzender der türkisch-islamischen Gemeinde ist, der 160 Männer und Frauen angehören.

Unter den zehn Vorstandsmitgliedern ist auch eine Frauenbeauftragte, Hatice Sanverdi, die in der Gemeinde (fast) alles organisiert: Lesetage, Aktionen in Zusammenarbeit mit anderen Rheinberger Vereinen, das Essen, was zu dem dreitägigen Herbstfest auf die Tische kommt. Teigtaschen zum Beispiel, Gözleme, mit Spinatkäse oder Zwiebelkäse. Oder Baklava, in Zuckersirup eingelegtes Gebäck aus Blätter- oder Filoteig, gefüllt mit gehackten Nüssen, Mandeln oder Pistazien. 20 Frauen aus der Gemeinde haben die türkischen Spezialitäten zu Hause vorbereitet und gekocht - "wir haben hier zwar eine kleine Küche, aber da reicht der Platz vorne und hinten nicht".

Viele besuchen jedes Jahr das Fest der türkisch-islamischen Gemeinde, die Gäste kommen auch von weiter her, aus Oberhausen, Düsseldorf und Köln, wo die Zentrale des Verbandes ihren Sitz hat, dem 65 Gemeinden (Moscheen) landesweit angehören. Auch Nachbarn wurden eingeladen, ebenso Flüchtlinge. Denn längst ist die türkisch-islamische Gemeinde Ansprechpartner in Sachen Flüchtlingshilfe geworden und wird von den örtlichen Helfern einbezogen. "Hier wird nicht über Politik gesprochen und auch keine Politik gemacht", betont Ahmet Tilki; zusammen sitzen, Tee trinken, sich kennen lernen: Darum gehe es bei dem Herbstfest der türkisch-islamischen Gemeinde.

Ein Teil des Erlöses aus dem Fest wird gespendet, geht diesmal an eine Organisation, die sich um die muslimischen Rohingya kümmert, eine verfolgte Minderheit, die in der Region Rakhaing in Myanmar in bitterer Armut lebt. Tausende Zivilisten versuchen seit einigen Wochen, der Gewalt zu entkommen und fliehen nach Bangladesh. Das Land, das als eines der ärmsten der Welt gilt, hat inzwischen mehr als 400.000 Rohingya-Flüchtlinge aufgenommen, viele von ihnen leben in Flüchtlingscamps.

(jas)
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