Jüchen Polo: Jobs vorerst sicher

Jüchen · Beim Motorradzulieferer "Polo" soll es zunächst keine Entlassungen geben. Dies ist das Ergebnis der gestrigen Betriebsversammlung. Dennoch gehen viele Mitarbeiter wütend zur Arbeit: Sie warten auf ihr Geld.

Vorerst keine Jobverluste bei den 800 "Polo"-Beschäftigten: Im Augenblick sind keine Personalmaßnahmen beim in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Konzern geplant. Dies erklärte der vorläufige Insolvenzverwalter Horst Piepenburg am Freitag Nachmittag während der 90-minütigen Betriebsversammlung vor rund 230 Mitarbeitern am Standort Jüchen. Das ist ein kleiner Trost: "Wir wurden belogen, fühlen uns betrogen", so eine Angestellte, die nicht genannt werden will.

Der Motorradzubehör-Lieferant Polo, der vor knapp drei Jahren seine Zentrale nach Jüchen verlegte, hatte am Dienstagnachmittag die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Der Grund sind Finanzierungsprobleme für turnusmäßige Anschaffungen, bei denen Banken diesmal nicht mehr aushelfen wollten.

Ob bei der heutigen Weihnachtsfeier gute Stimmung herrscht, ist fraglich: Einige Mitarbeiter mussten sich Geld für Lebensmittel, Miete und Sprit leihen, um das fehlende November-Gehalt und Weihnachtsgeld zu überbrücken — von Weihnachtsgeschenken ganz zu schweigen.

Was die "Polo"-Angestellten ärgert: "Wir wurden Ende November mit dem Hinweis auf einen Buchungsfehler vertröstet, als wir auf das fehlende Gehalt hinwiesen, und um weitere Geduld gebeten wurden", so ein anderer Angestellter. "Vom Insolvenzantrag haben wir am Mittwoch aus den Medien erfahren."

Horst Piepenburg bekräftigte vor den Mitarbeitern erneut, dass kurzfristig das Geschäft fortgeführt werde. Das gelte auch für alle 95 Shops in Deutschland und der Schweiz. Ein Insolvenzverfahren bedeute nicht das Ende eines Unternehmens, betonte der erfahrene Sanierer aus Düsseldorf, der bereits bei SinnLeffers und Arcandor als Insolvenzverwalter bestellt war.

Wie er Polo vor der Pleite bewahren will, dazu gab es noch keine Auskunft. "Wir müssen uns erst einen Überblick verschaffen, dann werden Entscheidungen getroffen", so ein Sprecher Piepenburgs.

Unterdessen ist nach Informationen unserer Redaktion die Suche nach einem Investor angelaufen, der frisches Kapital in das Unternehmen bringt. Derzeit hält Geschäftsführer Klaus Esser, der auch an der Betriebsversammlung teilnahm, 51 Prozent der Anteile. Die restlichen 49 Prozent liegen bei der amerikanischen Fairchild Corporation. Esser hat seine Anteile im Dezember 2008 für 15 Millionen Euro von Fairchild zurückgekauft.

(NGZ)
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