Jüchen Behinderte suchen Hilfe

Jüchen · Immer mehr Jüchener mit Handicap nutzen die Beratungsangebote der Behindertenbeauftragten in den Nachbarstädten. Siegbert Schmitz aus Korschenbroich fühlt sich ausgelastet, wünscht sich Entlastung.

 Jüchener mit Handicap nutzen nicht nur das Sozialamt im eigenen Rathaus, sondern weichen zu Behindertenbeauftragten in Nachbarstädten aus.

Jüchener mit Handicap nutzen nicht nur das Sozialamt im eigenen Rathaus, sondern weichen zu Behindertenbeauftragten in Nachbarstädten aus.

Foto: Reuter

So hatte sich Siegbert Schmitz (72), seit sieben Jahren ehrenamtlicher Behindertenbeauftragter für die Stadt Korschenbroich, das nicht vorgestellt: Zu seiner vergangenen Sprechstunde kamen vier Jüchener auf einmal angereist. "Natürlich helfe ich gern allen Ratsuchenden", sagt Schmitz. "Doch was mache ich, wenn demnächst Kleinbusse kommen?" Schmitz fragt: "Warum gibt es eigentlich in Jüchen keinen eigenen Behindertenbeauftragten?"

Das weiß Norbert Killewald, Beauftragter für Behinderte für das Land Nordrhein-Westfalen: "Ein Beauftragter ist lediglich auf Bundes- und Landesebene vorgeschrieben. Für Kommunen fehlt eine solche Pflicht." In Killewalds Augen durchaus ein Versäumnis, denn: "Die Großstädte sind inzwischen sehr gut aufgestellt; doch gerade in den Kreisen und auf dem Land fehlt oft ein direkter Kontakt." Zwar seien die Ansprechpartner etwa in den Sozialämtern der Verwaltung zu finden, doch: "Mit einem Amt spricht man anders als mit einem Menschen." Die "menschliche Hilfe" sei durch nichts zu ersetzen.

Bürgermeister Harald Zillikens sieht bei dem Thema keinen Handlungsbedarf. Er verweist durch Sprecher Norbert Wolf auf die Mitarbeiter im Sozialamt, die Ratsuchende über die zuständigen Behörden und Ansprechpartner informieren. Sie geben auch Auskunft zu Grundsicherungsleistungen, Eingliederungshilfen oder zum Wohnen.

"Der VdK (Beratung in Schwerbehinderten- oder Rentenrecht zur Kranken- oder Pflegeversicherung und anderen sozialrechtlichen Fragen), die Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung und die Rentenversicherung bieten ebenfalls einmal monatlich im Rathaus Sprechstunden an", ergänzt Wolf. Rund drei bis fünf Behinderte suchen pro Woche das Jüchener Rathaus auf, um Hilfe zu erhalten.

Wie Siegbert Schmitz ist auch seine Kollegin Charlotte Häke, seit 2006 ehrenamtliche Behindertenbeauftragte der Stadt Grevenbroich, Anlaufstelle. In dieser Zeit hat Häke rund 20 000 Beratungen absolviert: "Rund 15 Prozent der Menschen kamen aus Jüchen." Ihre Erklärung: "Zum einen Mund-zu-Mund-Propaganda, zum anderen der Erfolg der Beratung." Charlotte Häke kennt — wie Siegbert Schmitz — das Thema Handicap aus eigener Erfahrung, und sie weiß auch: "Wer Behinderten helfen will, muss sich mit zahlreichen Fragen beschäftigen. Es ist ein komplexes Thema."

Und Siegbert Schmitz? Er würde sich gern auf die Korschenbroicher Ratsuchenden beschränken: "Damit bin ich gut ausgelastet." Was er künftig bei Fragen aus Jüchen oder Mönchengladbach tun wird, weiß er noch nicht: "Eigentlich will ich so vielen Menschen wie möglich helfen."

(NGZ/rl)
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