NGZ- Gespräch mit Manfred Speck Leistungseliten sind das Gold in der Gesellschaft

Als Sport-Direktor im Bundesinnenministerium war er einst der ranghöchste Sportpolitiker. Heute ist er Staatssekretär a. D. und engagiert sich als Vorstandsvorsitzender der Sportstiftung NRW. Der gebürtige Neusser Manfred Speck spricht im NGZ-Gespräch über "eine der schönsten Aufgaben überhaupt": die Förderung junger Menschen.

Herr Speck, wie sind Sie in das Amt des Vorstandsvorsitzenden der Sportstiftung NRW berufen worden?

Manfred Speck (lacht) Für dieses Ehrenamt werden Bewerber weder über eine Stellenausschreibung gesucht, noch vermittelt die Bundesagentur für Arbeit diesen Job. Ernsthaft: Mich hat Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gefragt und ich habe zugesagt.

Der Ministerpräsident, im Frühsommer des Vorjahres zum Chef einer CDU/FDP-Regierung gewählt, ist in Personalunion der Vorsitzende des Kuratoriums der Sportstiftung. Hat die Berufung des Vorstandsvorsitzenden in der Sportstiftung vor diesem Hintergrund auch etwas mit der politischen Farbenlehre zu tun?

Speck Das sind die Spielregeln der Politik, die in demokratischen Systemen Einfluss und Amt immer nur auf Zeit vergibt. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Mein Vorgänger Hans-Jürgen Baedeker hat erstklassige Arbeit geleistet.

Aber auch Sie sind vom Sportfach.

Speck Meine Biografie belegt meine Nähe zum Sport. Ich war Sport-Direktor im Bundesinnenministerium, ich habe in verschiedenen Funktionen im Deutschen Sportbund mitgewirkt und ich stehe heute noch in Verantwortung beim Deutschen Schützenbund.

Was macht der Vorstandsvorsitzende der Sportstiftung NRW?

Speck Es geht um die Förderung von Nachwuchs für den Leistungssport. Diese Prozesse moderiert der Vorstandsvorsitzende und gestaltet die Kriterien mit, nach denen die Förderung erfolgt bzw. Projekte ausgewählt werden, die sich für eine Unterstützung eignen. Dies alles geschieht in enger Abstimmung mit den Fachverbänden, ohne die eine erfolgreiche Arbeit nicht möglich ist.

Was motiviert Sie, diese arbeitsintensive Aufgabe als Vorstandsvorsitzender der Sportstiftung zu übernehmen?

Speck Sich effektiv für die Jugend einsetzen zu dürfen, ist eine der schönsten Aufgaben überhaupt. Der Sport, insbesondere der Leistungssport, bildet junge Menschen zu charakterstarken Persönlichkeiten heran. Vor diesem Hintergrund spreche ich gern von einer dualen Karriere. Die Leistungseliten sind das Gold in der Gesellschaft.

Nordrhein-Westfalen unterhält als einziges Bundesland eine Sportstiftung. Warum verzichten die anderen Länder auf eine solche Einrichtung?

Speck Richtig ist, dass die Sportstiftung NRW einzigartig ist. Warum andere diesem Beispiel bisher nicht gefolgt sind, weiß ich nicht.

Sie wissen aber, warum das Land NRW eine Sportstiftung unterhält.

Speck Das Land NRW setzt auf Innovation und gehört längst zu den innovativsten Standorten in Deutschland. Im Mittelpunkt dieser Entwicklung steht die Förderung der Leistungseliten und ihrer Innovationsorientierung. Für den Sport heißt das: Unsere Stiftung bietet dem Leistungssport die einzigartige Chance, neue Ideen und Initiativen zu entwickeln, diese zu testen und schließlich auch Innovationsprozesse in Gang zu setzen.

Ist das Projekt Momentum so eine Innovation? Sie versuchen die grundlagenorientierte Spitzenforschung mit der sportlichen Praxis zu verzahnen.

Speck Vier international renommierte Institute der Fachbereiche Biomechanik, Biochemie, Sportmedizin und Trainingswissenschaften tragen ihr Know-how und ihre Kapazitäten zusammen und öffnen sich den Anregungen, Nachfragen und Problemen der Trainingspraxis. Jeder Spitzenathlet soll individuell wissenschaftlich betreut werden.

Wie viel Geld stellen Sie für das Projekt Momentum bereit?

Speck Jährlich sollen Fördergelder in Höhe von einer Million Euro fließen. Davon 500 000 Euro durch die Sportstiftung pro Jahr. Die andere Hälfte wird in der Wirtschaft NRW eingeworben. Verbindliche Zusagen haben bereits die WestLB, RWE und die RAG-Versicherung gemacht.

Allein aus den Erträgen des Stiftungskapitals, das bei 5,3 Millionen Euro liegt, können Sie diese und andere Förderungen nicht finanzieren. Woher kommt das Geld für die Stiftung?

Speck Unsere Fördermittel beziehen wir zu einem prozentualen Anteil aus den Erlösen der Sportwette Oddset. Gemeinsam mit weiteren Quellen standen uns bisher jährlich bis zu fünf Millionen Euro zur Verfügung. Aber die laufende Diskussion um das staatliche Wettmonopol sowie die damit verbundene eingeschränkte Möglichkeit, für Oddset aktiv zu werben, hat zu Einnahmeeinbußen geführt. Auch die Sportstiftung ist betroffen, im vergangenen Jahr musste sie bereits erhebliche Einbrüche verzeichnen.

Wie steuern Sie dieser Entwicklung entgegen?

Speck Wir sehen diese Rückgänge mit Sorge, denn uns - und somit auch den Empfängern unserer Fördergelder - bricht die Planungssicherheit weg. Im Gegensatz zu anderen Institutionen unterliegen wir keiner Festbetrag-Regelung, sondern müssen mit variablen Einnahmequellen derzeit leben.

Und jetzt kämpfen Sie auch für eine Festbetrag-Regelung?

Speck Im Grundsatz ja, aber ich fordere nicht nur, sondern ich bringe auch einen Vorschlag mit: Zukünftig werden von jeder Eintrittskarte, die zum Besuch einer Sportveranstaltung in Nordrhein-Westfalen berechtigt, zehn Cent für die Nachwuchsförderung überwiesen.

Das Modell erinnert an die frühere Erhebung des Sportgroschens. Außerdem werden Kritiker Ihnen vorwerfen, dass Sie neue Bürokratie heraufbeschwören. Was entgegnen Sie?

Speck Den Begriff vom Sportgroschen höre ich nicht gern. Ich möchte ein ganz einfaches System: Wie bei der Gema wird einmal jährlich überwiesen. Das ist kein großer Aufwand und wir hätten eine verlässliche Finanzquelle für die Nachwuchssportler zur Verfügung.

Ihnen stünde womöglich mehr Geld zur Verfügung als heute?

Speck Vielleicht auch weniger. Das müssten Experten ausrechnen. Aber die Sportstiftung strebt keine höheren Einnahmen als heute an. Sollte mehr Geld über die Eintrittskarten-Aktion eingenommen werden, könnte das Geld anderen Sportinitiativen für die Nachwuchsförderung zugute kommen.

Die Fußballvereine wären vermutlich die größten Einzahler. Warum sollten sie das Geld an die Sportstiftung NRW abführen?

Speck Nur wer in die Nachwuchsförderung investiert, kann auch später auf junge Talente bauen. Das gilt auch für den Fußball. Die Sportstiftung hat soeben beschlossen, dass die Förderung eines Mädchen-Fußball-Projektes mit 800 000 Euro fortgesetzt wird. Sie sehen: Auch der Fußball profitiert von uns.

Welche Sportveranstaltungen sollen, wie von Ihnen vorgeschlagen, die zehn Cent je Eintrittskarte abführen?

Speck Die Sportstiftung fördert ausschließlich olympische Sportarten, also können auch nur Veranstaltungen in diesen Sportarten zur Finanzierung herangezogen werden.

Wer müsste eine solche Regelung letztlich beschließen?

Speck Die Umsetzung gelingt nur, wenn diese Art der Förderung in den Satzungen der Landesfachverbände verankert wird. Also: Die Fachverbände werden hierzu das letzte Wort haben. Deshalb möchte ich meinen Vorschlag auch mit den Fachverbänden und dem LSB diskutieren.

Welche konkreten Projekte fördert die Sportstiftung NRW? Können Sie Beispiele aus dem Rhein-Kreis Neuss nennen?

Speck Zunächst: Unsere landesweite Stiftung arbeitet sehr konstruktiv mit der lokalen "Stiftung Sport" zusammen. Ich erlaube mir aber den Hinweis: Es ließe sich erheblich mehr erreichen, wenn Stadt und Kreis Neuss ihre Kräfte bündeln würden zum Wohle der gesamten Region.

Ein Vorzeige-Projekt ist das Sportinternat in Knechtsteden. Es wird wesentlich dazu beitragen, dass die Verbindung von Schule, Ausbildung und Hochleistungssport problemlos funktioniert. Das ist ein Verdienst von Direktor Josef Zanders, der dynamisch und sportbegeistert die Entwicklung vorantreibt.

Gibt es weitere Projekte im Rhein-Kreis Neuss?

Speck Wir sehen Stadt und Kreis Neuss in einer Region mit Düsseldorf, Krefeld und Mönchengladbach. Dort besitzt der Leistungssport einen hohen Stellenwert. Dort fördert die Stiftung - auch unterstützt durch Wirtschaftsunternehmen wie die ARAG-Versicherung - vor allem Hockey und den Rudersport.

Insgesamt erweist sich in der Region die Zusammenarbeit zwischen Verbänden, Vereinen, Aktiven, Olympiastützpunkten, Kommunen und lokaler Wirtschaft als überaus lebendig. Es gibt exzellente Kooperationen wie das Netzwerk "Pro Leistungssport" des Rhein-Kreises. In dieser Region investiert die Sportstiftung NRW jährlich rund 250 000 Euro in den Aufbau hauptamtlicher Trainerstellen. Das ist ein stolzer Betrag.

Olympia 2008 rückt näher. Welche Sportler aus dem Rhein-Kreis besitzen aus Ihrer Sicht gute Aussichten auf ein Olympia-Ticket für Peking?

Speck Für Prognosen ist es noch sehr früh. Aber die Olympia-Kandidaten kristallisieren sich schon heraus. Da sehe ich die Säbelfechter Nicolas Limbach und Stefanie Kubissa, die ebenso wie der Stabhochspringer Björn Otto für den TSV Bayer Dormagen starten.

Auch Esther Scholten (Taekwondo, VdS Nievenheim), Alexandra Engelhardt und Stefanie Groß (beide Ringen, AC Ückerath), der Hockeyspieler Sebastian Draguhn vom HTC Schwarz-Weiß Neuss und der Ringer Max Schwindt vom KSK Konkordia Neuss dürfen sich Olympia-Hoffnungen machen. Acht Starter aus dem Rhein-Kreis - das wäre eine gute Quote.

(NGZ)
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