Wirtschaft in Remscheid Werkzeug im Zeichen der Kirsche

Remscheid · Zum Auftakt unserer Serie „Die Macher von heute“ waren wir beim Familienunternehmen Kirschen Werkzeuge zu Besuch.

 Abteilungsleiter Jens Kattner bei der Qualitätsprüfung eines Hohlbeitels.

Abteilungsleiter Jens Kattner bei der Qualitätsprüfung eines Hohlbeitels.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Jeder, der schon einmal die Königstraße entlanggefahren ist, hat die knallroten Kirschen am Fabrikgebäude der Hausnummer 59 gesehen. Dass sich dahinter ein echtes Traditionsunternehmen verbirgt, wissen die meisten Remscheider. Denn Kirschen Werkzeuge ist ein Begriff, wesentlich bekannter als der eigentliche Firmenname: Wilhelm Schmidt Comp. „Die Kirschen gab es aber schon damals, auch wenn in der Firmenchronik leider nichts zur Namensfindung überliefert ist“, sagt Betriebsleiter Thomas Becher. Der 57-Jährige ist seit 2006 im Unternehmen tätig. Es sei zur Gründungszeit allerdings nicht unüblich gewesen, prägnante Zeichen oder Symbole in die Unternehmensmarke zu integrieren. Was mit der saftigen Kirsche fraglos gelungen ist.

Kirschen Werkzeuge ist mit rund 60 Mitarbeitern, davon 51 in der Produktion, ein mittelständisches Unternehmen, das mittlerweile von Alexa Schmidt-Kammer in der sechsten Generation geführt wird. Gegründet wurde der Werkzeughersteller in Stockden, bald schon fand jedoch der Umzug an die Königstraße statt. „Dann wurde das Unternehmen sukzessive nach hinten erweitert, und so reichen die Firmengebäude bis hinunter zur Rosenstraße“, sagt Becher. Kirschen produziert Werkzeuge für die Holzbearbeitung. „Los ging es mit den Stecheisen und Stechbeitel für Schreiner und Tischler, dann kamen Schnitzwerkzeuge dazu und als drittes Segment Werkzeuge für Drechsler“, sagt Becher. Die Arbeit werde dabei von der Anlieferung des Stahls bis zum Versand am Standort Remscheid abgewickelt. Und das tatsächlich zu einem großen Teil in Handarbeit, wie der 57-Jährige ergänzt. „Bei uns wird von Hand geschmiedet, geschliffen und gefertig.“

Jens Kattner ist 53 Jahre alt und gelernter Formschmied. Er ist einer jener Mitarbeiter, die die Werkzeuge bei Kirschen von Hand herstellen. „Ich bin seit 2003 im Unternehmen, seit 2008 bin ich Vorarbeiter“, sagt der Gelsenkirchener gutgelaunt. Damals sei die Firma, in der er in Gelsenkirchen gearbeitet hatte, bankrott gegangen. „Ich war am nächsten Tag beim Arbeitsamt und habe die Anzeige von Kirschen gefunden. Dann bin ich hier eingestiegen – und habe es keinen einzigen Tag bereut.“

Nimmt man Kattner als Maßstab für das Betriebsklima, dann weiß man, wie angenehm es sich bei Kirschen arbeiten muss. „Es ist schwere Arbeit, aber ich arbeite als Vorbild für meine Kollegen mit, stehe auch am Ofen in der Härterei. Fast 40 Jahre Schmiede haben mich geprägt“, sagt Kattner. Er ergänzt lachend: „Ich konnte schon schmieden, bevor ich überhaupt laufen konnte.“ Als Kind sei er mit seinem Vater, der als Lkw-Fahrer arbeitete, in einer Schmiede gewesen. Das habe ihn so fasziniert, dass er sich schon mit 14 Jahren für eine Ausbildung zum Schmied entschieden habe.

Kirschen Werkzeuge werden weltweit exportiert, das Remscheider Unternehmen hat praktisch nur einen Mitbewerber – in der Schweiz. Der Weg vom Rohling zum fertigen Werkzeug dauert dabei etwa einen Tag. „Wenn der Stahl geliefert wird, werden die Rohlinge auf Länge geschnitten, geglüht und in Form gebracht. Dann folgen Härtung, Schliff und Hochglanzpolitur. Anschließend wird die Schneide geschärft und noch einmal poliert, ehe dann der Holzgriff anmontiert wird“, zählt Kattner die Arbeitsschritte auf.

Damit bei Kirschen auch weiter alles reibungslos verläuft, bildet das Unternehmen aus. „Bei uns kann man zur Fachkraft für Lagerlogistik und Fachkraft für Metalltechnik werden. Wir haben zwei Ausbildungsplätze“, sagt Becher und betont: „Wir sehen nicht so sehr auf Schulnoten, wichtiger sind uns der Charakter und die handwerklichen Fähigkeiten der Bewerber.“

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