Gesundheit in Remscheid Kinder können mit Diabetes gut leben

Remscheid · Die Zahl der an Diabetes Typ 1 erkrankten Kinder und Jugendlichen steigt. Auf der Station von Ansgar Thimm im Sana werden pro Jahr 400 Patienten behandelt. Wenn die Familie ein paar Regeln beachte, verlaufe der Alltag ganz normal.

 Insulin spritzen ist vor allem für Kinder oft gewöhnungsbedürftig.

Insulin spritzen ist vor allem für Kinder oft gewöhnungsbedürftig.

Foto: dpa-tmn/Jens Kalaene

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die an Diabetes erkranken, ist um zwei bis drei Prozent gestiegen. Chefarzt Ansgar Thimm, der die Abteilung Kinder- und Jugendmedizin des Sana-Klinikums an der Burger Straße leitet, betreut zurzeit jährlich etwa 400 Kinder auf seiner Station. Die meisten von ihnen sind an Typ 1 Diabetes erkrankt. „Unsere oberste Botschaft ist: Mit Diabetes kann man sehr gut leben“, sagt Thimm.

Diabetes ist eine sogenannte Autoimmunerkrankung. Die Abwehrkräfte des Körpers zerstören dabei die Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die das Hormon Insulin herstellen. Die genauen Ursachen für diese Autoimmunreaktion sind noch unklar. Als Folge der Zerstörung der Beta-Zellen verfügen Patienten über kaum oder gar kein eigenes Insulin. Da das Hormon die Aufgabe hat, den Zucker aus dem Blut in die Zellen zu schleusen, staut sich dieser im Blut an. Patienten müssen sich von außen mit Insulin versorgen.

Eltern und Kinder sind nach der Diagnose zunächst sehr beunruhigt. Wie sieht ein Leben mit Diabetes aus? Was sind die Folgeschäden? Kann mein Kind alles mitmachen?

Thimm lehnt die Bezeichnung „Diabetiker“ ab. Sie reduziere den Menschen auf eine Krankheit. „Wir sprechen von Menschen mit Diabetes“, sagt Thimm. Das gebe der Erkrankung im Leben der jungen und auch der älteren Menschen den richtigen Rang. Der medizinische Fortschritt hat es möglich gemacht, dass der an Diabetes erkrankte Mensch ein normales Leben führen kann, wenn er sich an ein paar Spielregeln hält.

Kindergeburtstag. Am Nachmittag gibt es Kuchen. Am Abend essen alle Kinder Pizza. Ein Diabetiker-Kind soll sich bei den Festen nicht ausgeschlossen fühlen. „Das sei nicht nötig“, sagt Thimm. Im Gegenteil: „Sie können alles essen.“ Es kommt bei diesen Gelegenheiten darauf an, dem Körper die richtige Menge Insulin zuzuführen. Kuchen und Pizzateich enthalten Kohlenhydrate. Und um die Energie der Kohlenhydrate den Muskeln zuzuführen, braucht der Körper Insulin. Jeder Körper ist unterschiedlich. Jedes Kind braucht eine andere Dosierung.

Inzwischen sei die Technik auch so weit, dass kleine Kinder nicht mit Spritzen hantieren müssen. Es gibt sogenannte Insulin-Pumpen und Messgeräte, die ins Unterhautfettgewebe transplantiert werden. So lässt sich immer der Blutzuckerspiegel messen. Nach Thimm sollten 70 Prozent aller Werte im Zielbereich zwischen 70 und 180 mg/dl liegen. So verursache die Autoimmunerkrankung keine Folgeschäden. Kinder lernen den Umgang mit Diabetes am besten über die eigene Erfahrung. Wenn eine Unterzuckerung droht, die im schlimmsten Fall zu einer Ohnmacht führen kann, können sie beim Fußballspiel oder Schwimmen nicht mitmachen. Liegt aber der Blutzucker über
300 mg/dl, fehlt die Konzentration bei der Mathematikarbeit.

Die Eltern spielen eine wichtige Rolle beim Umgang mit der Erkrankung. Gerade im Jugendlichenalter. „Sie sollten nicht zu sehr verkrampfen und ihr Kind ständig ermahnen“, sagt Thimm. Es wäre keine gute Entwicklung, wenn das Kind irgendwann mit Frustration auf die Erkrankung reagiert. Einerseits verlören die Eltern so den guten Kontakt zu ihren Kindern. Andererseits könnten die Kinder Essstörungen entwickeln. Wenn der Familie klar sei, dass es aufgrund der Ballaststoffe günstig sei, in der Regel Vollkornprodukte zu essen, dann sei es kein Problem, auch mal ein Weizenbrötchen zu kaufen.

Jüngste Studien zeigen, dass Jugendliche sich immer weniger bewegen. „Das ist eine Entwicklung, die ich mit großer Besorgnis sehe“, sagt Thimm. Er spreche mit seinen Patienten intensiv über Sport und Bewegung. Bewegung sei das beste Medikament, vor allem für Diabetiker. Bewegung fördere unter anderem die so wichtige Insulinempfindlichkeit und fördere den allgemeinen Stoffwechsel. Ausreichend Bewegung und gesunde Ernährung seien die Basis für ein gutes Leben in Gesundheit. Das gelte nicht nur für Diabetiker, sagt Thimm.

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