Wildes Holz in der Klosterkirche Ein Höhepunkt jagt den nächsten

Remscheid · Wildes Holz begeisterte die ausverkaufte Klosterkirche mit ihrem Programm „Höhen und Tiefen“ und dem neuen Gitarristen Djamel Laroussi. Nach dem Tod des langjährigen Gitarristen Anto Karaula im Vorjahr sollte es weitergehen.

 Wildes Holz schufen bei ihrem Konzert immer wieder Raum für virtuose Solo-Kabinettstückchen.

Wildes Holz schufen bei ihrem Konzert immer wieder Raum für virtuose Solo-Kabinettstückchen.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Kaum ein Titel könnte passender sein als dieser: „Höhen und Tiefen“ heißt das neue Programm eines der virtuosesten und einfallsreichsten Jazz-Weltmusik-Trios dieser Zeit. Wildes Holz, namentlich Tobias Reisige an der Blockflöte, Markus Conrads am Kontrabass und Djamel Laroussi an der Gitarre, präsentierten es am Freitagabend in der ausverkauften Klosterkirche einem vom ersten Ton des virtuos tänzelnden „Moretti Swing“ an begeisterten Publikum.

Die Musik war fraglos die Höhe, die Tiefe hingegen die grausame Realität des Todes. Der erschütterte das Bandgefüge im Sommer des Vorjahres, als der langjährige Gitarrist Anto Karaula plötzlich verstarb. „Wir wussten nicht, ob es mit Wildes Holz weitergehen würde“, sagte Conrads.

Wenn Karaula seinen ehemaligen Bandkollegen bei deren Auftritt vom Logenplatz im Himmel zugehört hatte, dürfte er ganz beruhigt und glücklich sein. Denn Laroussi – und der heilenden Kraft der Musik – sei Dank: Mit Wildes Holz war es weitergegangen. Der kleine Gitarrist aus Algerien spielte so sicher, lebenslustig und leidenschaftlich mit seinen beiden neuen Kollegen auf, als hätte er nie etwas anderes getan. „Ich heiße Djamel, und ich komme ab jetzt immer“, stellte er sich lächelnd vor, ehe er in eine vom nordafrikanischen Schlager beeinflussten Nummer einstieg. Diese lebte allerdings vor allem vom grandiosen Flötenspiel Reisiges, der aus seiner kleinen Blockflöte derart viele Töne hervorholte, dass alleine diese Performance den Bandnamen schon rechtfertigte.

Aber einen Musiker hervorzuheben, würde dem Kollektiv nicht gerecht. Denn Wildes Holz lebt vor allem vom Zusammenspiel – das bei aller Virtuosität stellenweise comichafte Züge annahm. Wenn Läufe punktgenau zum Ende kamen, Gesichter und Bewegungen einfroren, oder das Trio in synchronen Abläufen wie drei holzbewehrte Superhelden im Vorspann ihrer eigenen Fernsehshow auftrat. Das kulminierte in hervorragenden Gemeinschaftsleistungen, etwa bei der Heinz-Rudolf-Kunze-Hommage „Brille“, dem Prince-Klassiker „Kiss“ oder dem türkisch angehauchten Stück „Kebop“.

Dennoch blieb genug Raum für virtuose Solo-Kabinettstückchen, die verrücktesten Läufe und Melodien wurden immer mit einem Augenzwinkern präsentierte. Selbst bei ernsten Stücken wie der Ballade „Das Eine“ überwog die Lebensfreude. Sichtbar wurde das bei den traurigen Melodien etwa, als Reisige mit seiner Flöte zum Rundgang durch die Klosterkirche aufbrach.

Apropos Effekt: die per Loop-Machine zur Klangkathedrale übereinandergetürmten Flötenklänge waren kurz vor der Pause eine weitere vielbejubelte Großtat. Ebenso wie die Red-Hot-Chili-Peppers-Coverversion „Snow“ mit Stand-Bass-Blockflöte und Sopran-Kontrabass.

Was Wildes Holz da in etwa zwei Stunden boten, mochte rein tonal auch Tiefen umfassen. Rein qualitativ aber jagte hier ein Höhepunkt den nächsten. Was sich auch am immer lauteren Applaus zeigte, der bei noch neuen Stücken, wie dem von nostalgischen Erinnerungen an Laroussis algerische Heimat geprägten „Roche long“ in gleiche Dimensionen wie beim A-ha-Gassenhauer „Take On Me“ vorstieß. Wie gut, dass sich Wildes Holz fürs Weitermachen entschieden haben . . .

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