Prozess in Wuppertal Heuballenbrände: Urteil wird am 27. Juni erwartet

Remscheid/Solingen/Wermelskirchen · Eine Wildkamera hatte nicht nur den Brand selbst, sondern auch noch ihr Auto zur Tatzeit am Tatort gefilmt. Als die Polizei kam und ein Beamter sich die Videos zeigen ließ, entdeckte er den Ford Puma gleich hinter sich.

 Der geschätzte Schaden der Heuballenbrände betrug 25.000 Euro.

Der geschätzte Schaden der Heuballenbrände betrug 25.000 Euro.

Foto: Ralf Kollmann/Kollmann, Ralf

Die beiden Angeklagten wollten da gerade die Flucht ergreifen, sich im wahrsten Sinne des Wortes „vom Acker“ machen. Dort brannte es bereits lichterloh, 90 Strohballen standen in Flammen.

Die waren gerade erst angeliefert worden – der Pferdewirt hatte sie für 35 Euro das Stück günstig erworben. Dazu hatte er die Ballen mit Vlies und Folie abgedeckt. Als der 41-Jährige später auf seinem Acker stand, war davon nichts mehr da. Das Stroh abgefackelt und dazu auch noch zwei Anhänger in Schutt und Asche. „Das musste ich dann alles auch noch entsorgen“, erinnert sich der Zeuge an den Sommer 2017, in dem eine Brandserie im Raum Remscheid, Solingen und Wermelskirchen die Nerven der Landwirte strapazierte. Vor dem Feuer in Birgden waren an sechs Orten mehrere Hundert Strohballen in Flammen aufgegangen. Geschätzter Schaden: 25.000 Euro.

An besagtem Pferdehof, auf dessen Wiesen die Brandserie endete, hatten besorgte Pferdehalter nach den ersten Bränden damit begonnen, in den Abendstunden „Wache zu schieben“. Eine Zeugin konnte sich daher noch gut daran erinnern, den beiden nun angeklagten Remscheidern dort in den Tagen zuvor begegnet zu sein. Der benachbarte Parkplatz werde nachts oft von Liebespaaren besucht und für ein solches habe sie die beiden 23 und 68 Jahre alten Angeklagten gehalten. Die seien dort mit einer Taschenlampe herumgelaufen und hätten danach gefragt, ob es auch Wege gebe, auf denen man nicht stetig in Pfützen trete.

Und die Angeklagten? Ja, sie seien dort spazieren gegangen. Mit dem Brand wollen sie nichts zu tun haben. „Wir wollten grillen“, gaben beide als Grund dafür an, dass sie im Kofferraum einen Propangasbrenner und Grillanzünder mit sich herumschleppten. Zuvor wollen sie auch noch Fleisch im Supermarkt gekauft haben – zum Grillvergnügen sei es an diesem Abend wetterbedingt aber nicht mehr gekommen. Stattdessen hatten sich beide reichlich Alkohol „hinter die Binde gegossen“, was den Jüngeren nicht davon abhielt, sich ohne Führerschein in ein nicht zugelassenes Auto mit falschen Kennzeichen zu setzen. Den Brand wollen sie nur im Rückspiegel gesehen haben. Dass sie zuvor am Brandort ausgestiegen sein sollen, weil sich der eine erleichtern und der andere sich die Füße habe vertreten wollen? Ja, das sei so gewesen – aber angeblich folgenlos geblieben. Und dass sich der Jüngere ähnlich einer Rauchvergiftung nach dem Brand hustend habe übergeben müssen, während man in der Jackentasche des Älteren ein großes Gasfeuerzeug gefunden hatte? Das dürfte möglicherweise am Ende – zusammen mit dem die Angeklagten belastenden Brandgutachten – den Ausschlag geben für das Urteil des Wuppertaler Amtsgerichts, das am 27. Juni erwartet wird.

Der eine soll übrigens noch bei einer Rangelei mit dem Schirm zugeschlagen, der andere Ananas und Popcorn aus dem Verkaufsstand einer Kirmes geklaut haben. Das war im Prozessverlauf zur Fußnote zusammengeschrumpft.

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