Neuss Stadt will Salafisten im Internet beobachten

Neuss · Die Stadt will die Webseiten der Salafisten stärker im Blick behalten. Auch weil erst ein Tipp nötig war, um das Problem zu erkennen.

 Die Stadt hatte am vergangenen Wochenende eine Salafisten-Versammlung in Weckhoven unterbunden. Die Polizei leistete Amtshilfe.

Die Stadt hatte am vergangenen Wochenende eine Salafisten-Versammlung in Weckhoven unterbunden. Die Polizei leistete Amtshilfe.

Foto: berns

Die Stadt will die Salafistenszene in Zukunft stärker beobachten. "Ein rechtsfreier Raum darf nicht entstehen", sagt Ordnungsdezernent Stefan Hahn mit Hinblick auf die Verstöße des Weckhovener Kulturvereins gegen die Bauordnung. Außerdem kündigte Hahn an, dass Facebook-Seiten wie "Die wahre Religion", wo unter anderem für das Salafisten-Treffen im Stadtteil Weckhoven geworben worden war, künftig stärker unter Beobachtung stehen werden.

Neuss: Stadt will Salafisten im Internet beobachten
Foto: Berns, Lothar (lber)

Damit holt die Stadt nach, was sie bisher versäumt hat. Denn die geplante Veranstaltung im Kulturverein Weckhoven war erst unterbunden worden, nachdem die Verwaltung durch Tipps von außen auf die Pläne der Salafisten aufmerksam gemacht worden war.

Einer dieser Hinweise stammt von dem Extremismus-Experten Ismail Tipi. Der CDU-Landtagsabgeordnete aus Hessen, der seinen Wahlkreis in Offenbach hat, beobachtet die salafistische Szene seit mehren Jahren — und zwar bundesweit. "Es ist ein Thema, bei dem man über den Tellerrand schauen muss", sagt Tipi, der im Internet auf das geplante "Seminar" der Salafisten in Weckhoven aufmerksam wurde und die Neusser Behörden informierte. Für die Salafisten, die einen ultrakonservativen Islam vertreten, findet der CDU-Politiker klare Worte: "Sie sind eine Gefahr für die innere Sicherheit und den inneren Frieden", sagt Tipi, der im türkischen Izmir geboren wurde und seit 1972 in Deutschland lebt. Es sei notwendig, die Menschen wachzurütteln, meint der Landtagsabgeordnete. "Das Salafisten-Problem wird vielfach unterschätzt", sagt Tipi, der Neuss schon länger als Anlaufpunkt für Salafisten identifiziert hat. Hinzu kommen Städte wie Bonn und Solingen — aus einem simplen Grund: Auf der Rheinschiene leben die "Köpfe" der NRW-Salafisten, etwa der islamistische Prediger Pierre Vogel, der gebürtig aus Frechen stammt. Auch die Facebook-Seite "Die wahre Religion" wird vom Rheinland aus geführt, laut NRW-Innenministerium ist eine Gruppe aus dem Raum Köln-Bonn unter Leitung des Kölner Islamisten Abou Nagie. Auf der Seite war nicht nur die Neusser Salafisten-Veranstaltung angekündigt — und später wieder abgesagt worden. Auch die umstrittene Aktion vom vergangenen Jahr, als Islamisten in Neuss den Koran verteilen wollten, wurde von dieser Facebook-Gruppe initiiert. "Nicht nur der Verfassungsschutz, auch die Kommunen müssen diese Webseiten kontinuierlich im Blick halten", sagt CDU-Politiker Tipi. Nicht immer könnten sich die Städte schließlich auf Anzeigen von außen verlassen.

Der Abgeordnete deckt auf seiner eigenen Facebookseite auf, welche Methoden die Salfisten anwenden. Etwa um ihre Idee, den Koran zu verteilen, voranzubringen: "Einfach schäbig ist, dass die Salafisten seit neuesten auch in Krankenhäuser gehen und dort hilflose Patienten bedrängen", erzählt Tipi. Fotos davon, so dokumentiert der Politiker in seinem Web-Auftritt, landen dann auf Facebook. Weder solche Aktionen noch extremistische Veranstaltungen wie die in Neuss dürften toleriert werden: "Die Behörden haben diesem Unsinn im Rahmen der Religionsfreiheit viel zu lange zugeschaut", sagt Tipi.

(NGZ/top)
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