Für Neusser Hobbygärtner Saatgut leihen, pflanzen und ernten

Neuss · Der Saatgutverleih der Neusser Stadtbibliothek ist in die zweite Saison gestartet. Diesmal stehen traditionelle Sorten im Fokus – aber was hat es mit„Teufelsohren“ oder „Schweizer Riesen“ auf sich?

 Die Nachhaltigkeitsbeauftragte der Stadtbibliothek Claudia Neufurth hat im vergangenen Jahr die Saatgut-Ausleihe initiiert. 

Die Nachhaltigkeitsbeauftragte der Stadtbibliothek Claudia Neufurth hat im vergangenen Jahr die Saatgut-Ausleihe initiiert. 

Foto: Stadtbibliothek Neuss

Wer in jenen Tagen die Stadtbibliothek in Neuss betritt, muss sie nicht zwangsläufig mit einem Buch verlassen: Denn seit Anfang der Woche können dort wieder Pflanzensamen ausgeliehen werden. Vor einem Jahr hatte die Nachhaltigkeitsbeauftrage Claudia Neufurth nämlich die Idee, das herkömmliche Angebot um eine Saatgutbibliothek zu erweitern. Das Prinzip dahinter ist schnell erklärt: Gartenfreunde und solche, die es noch werden wollen, können sich ab sofort – wie schon im vergangenen Jahr – in der Stadtbibliothek ein Tütchen mit Pflanzensamen ausleihen. Die Samen werden im heimischen Garten oder auf dem Balkon eingesät, gehegt und gepflegt, bis sie Früchte tragen: Der Hobbygärtner kann sich dann nicht nur über seine Ernte freuen, sondern auch über neues Saatgut. Und da das Saatgut nur geliehen war, wird ein Teil davon wieder in Tüten gepackt, beschriftet und zum Jahresende zurück in die Stadtbibliothek gebracht. „Es ist ein sinnvoller Kreislauf, der ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit steht“, sagt Claudia Neufurth.

Passend zum beginnenden Frühjahr ist die Aktion am Dienstag in die zweite Saison gestartet. „In diesem Jahr ist der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) noch stärker eingebunden“, erklärt Neufurth. Ein Ziel der Saatgutbibliothek sei es nämlich, traditionelles Saatgut zu bewahren und zu vervielfältigen. Dies gelinge durch den Einsatz von sogenanntem samenfesten Saatgut. Das unterscheide sich von den Samen, die es im Handel zu kaufen gibt. „Das samenfeste Saatgut lässt sich vermehren, ohne, dass es dabei seine Eigenschaften verliert. Wenn also eine Pflanze aus dem Saatgut heranwächst, hat sie die gleichen Eigenschaften wie ihre ,Elternpflanzen‘“, erklärt Neufurth, „man kann die Samen also über Generationen wiederverwenden.“ Ein Vorteil: Werden die Pflanzen immer in der gleichen Region gepflanzt, würden sie sich mit der Zeit an ihre Umgebung anpassen. Anders sei es bei dem „hybriden Saatgut“, das im Handel gekauft werden kann und den Markt dominiert. „Ihm liegen spezielle Züchtungen zugrunde, so dass die Ernte zum Beispiel besonders ertragreich wird“, erklärt Neufurth. Doch wenn die Samen einer solchen Hybridpflanze geerntet und wieder ausgesät werden, gingen bei der nächsten Pflanze die spezifischen Eigenschaften verloren.

 Gartenanbau Tomate Erbse Bohne Salat

Gartenanbau Tomate Erbse Bohne Salat

Foto: Pixabay

Der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) hat der Saatgutbibliothek nun fünf Kulturen zur Verfügung gestellt, die auch für Anfänger nicht zu kompliziert im Anbau sind und aus denen das Saatgut leicht gewonnen werden kann. „Darunter sind Tomaten, Bohnen, Erbsen, Salat und Gartenmelde.“ Besonders auf letzteres dürfen Gartenfreunde gespannt sein: Denn wer in einem Rezept auf die Zutat „Melde“ stößt, muss vorbereitet sein. „Im Supermarkt ist das Blattgemüse nicht zu finden, da es nicht gelagert werden kann“, sagt Neufurth und fügt hinzu: „Viele werden das Gemüse deswegen gar nicht kennen.“

Die Gartenmelde ist in der Saatgutbibliothek nur in einer Variante vertreten. Tomaten-, Erbsen-, Salat- und Bohnensamen gibt es dagegen in mehreren Sorten. Insgesamt stehen mehr als 20 verschiedene Samen zur Verfügung, aus denen die Besucher wählen können. Darunter finden sich verheißungsvolle Namen wie „Teufelsohren“ (Salat) oder „Schweizer Riesen“ (Erbsen). „Wir haben die Sorten so ausgewählt, dass sie einen regionalen Bezug haben und in einer langen Tradition stehen“, erzählt Claudia Neufurth.

 Gartenanbau Tomate Erbse Bohne Salat

Gartenanbau Tomate Erbse Bohne Salat

Foto: Pixabay

Der Verleih hat am Dienstag begonnen, wer noch die volle Auswahl haben möchte, dem empfiehlt die Nachhaltigkeitsbeauftragte einen frühen Besuch. Denn erste Kulturen wie etwa Tomaten können schon jetzt in Töpfen gepflanzt werden. Nach den Eisheiligen im Mai werden sie dann hinaus gesetzt. Anders sei es bei den Kulturen, die direkt ins Beet gesetzt werden: Bohnen und Erbsen hätten so noch Zeit bis April oder Mai.

 Bohnen, Salat, Tomaten, Erbsen und Gartenmelde: Fünf Kulturen werden in der Saatgutbibliothek angeboten. Die Gärtner können dabei zwischen mehr als 20 Sorten wählen.

Bohnen, Salat, Tomaten, Erbsen und Gartenmelde: Fünf Kulturen werden in der Saatgutbibliothek angeboten. Die Gärtner können dabei zwischen mehr als 20 Sorten wählen.

Foto: Pixabay
 Gartenanbau Tomate Erbse Bohne Salat

Gartenanbau Tomate Erbse Bohne Salat

Foto: Pixabay

Begleitet werden die Hobbygärtner bei ihrer Aufzucht durch die Stadtbibliothek und den VEN. So wird es etwa einen regelmäßigen Newsletter geben, der die Teilnehmenden mit Informationen und Ansprechpartnern versorgt. „Man lernt dabei einiges über das alte Gartenwissen“, sagt Claudia Neufurth. Und das Interesse dafür wachse. Das hat sie bei der ersten Auflage der Saatgutbibliothek erleben können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort