Orgelsommer in Neuss Orgelreise quer durch Europa

Neuss · Münsterkantor Joachim Neugart beendet den „Orgelsommer“ in Neuss.

Traditionell beendet Münsterkantor Joachim Neugart den Orgelsommer in St. Quirin, der in diesem Jahr drei Konzerte mit dem Motto „Nachbarn“ umfasste. Als große Orgelreise quer durch Europa verstand der Organist sein eigenes Motto.

„Mein junges Leben hat ein Ende“ klagte der Niederländer Jan Pieterszoon Sweelinck in sechs Moll-Variationen. Immer lässt der für den norddeutschen Barock wegweisende Komponist die Melodie auch im Tenor und im Bass im Vordergrund, die Neugart besonders in der dritten Variation reich verzierte. Logisch inspiriert schloss sich „Präludium und Fuge d-Moll“ von J. S. Bach an. Neugart wählte für das fälschlich auch als „Dorische Toccata“ bezeichnete Werk ein forsches Tempo, was ihm ein wenig die monumentale Größe nahm. Andererseits zeigte die Beherrschung schneller das ganze Präludium durchlaufender Sechzehntel den auch technisch höchst versierten Organisten.

Obwohl der dänische Komponist Niels Wilhelm Gade viele Jahre als Organist in Kopenhagen tätig war, schrieb er nur wenig für die Orgel. Die „Drei Tonstücke“ sind sein Hauptwerk. Die großartige Anlage des ersten Stückes überzeugte vor allem im Plenum-Spiel. Der heute fast vergessene polnische Komponist Feliks Nowowiejski genoss vor dem 1. Weltkrieg auch in Deutschland hohes Ansehen. Er hatte viele Jahre in Berlin gearbeitet, wo auch seine „Concerti für Orgel“ entstanden. Mit dem Präludium „Adoremus“ und seiner Registrierkunst rehabilitierte Neugart gewissermaßen den Meister des spätromantischen Orgelklangs.

Als der Tscheche Petr Eben 1958 seinen groß angelegten Orgelzyklus „Sonntagsmusik“ zum Tag des Herrn vorlegte, war er anschließend Repressalien durch das kommunistische System ausgesetzt. Völlig unvoreingenommen genossen die Zuhörer den prächtig gespielten dritten Satz „Moto ostinato“. Mozarts schlicht-einfältiges „Andante“, komponiert „für ein Orgelwerk in eine Uhr“, repräsentierte das Urlaubsland Österreich. Da hatten die „Fanfare“ des Belgiers Jacques-Nicolas Lemmens, ein wahrer Hochzeitsmarsch, und noch mehr die wunderbaren Farbkontraste im berühmten „Dritte Choral a-Moll“ des französischen Romantikers César Franck weitaus größeres Format.

Der einzige noch lebende Komponist des Programms, der Schweizer Guy Bovet (77) verarbeitet in seinem „Salamanca“ rhythmischen Bolero und Kastagnettenklang, der im Pedal der Orgel nur angezupft wird. Das verband Neugart geschickt mit der Zugabe, Louis Viernes „Carillon“. Vierne ist Schwerpunkt des Orgelsommers im nächsten Jahr, der wieder fünf Konzerte anbietet.

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