Lukaskrankenhaus in Neuss Grüße von einem Totgeglaubten

Neuss/Oberhausen · 2014 war der damals vierjährige Sergio aus Angola geholt und im Lukaskrankenhaus behandelt worden. Seitdem hatten die Ärzte nichts mehr von ihm gehört, jetzt trafen ihn Helfer vom „Friedensdorf international“ in Afrika.

 Andreas Neumann (l.) erläuterte 2014 seinen Kollegen aus Angola die  Behandlung von Sergio. Als klar war, dass er die Kanüle im Hals wechseln kann, war der Junge nach Hause entlassen worden.

Andreas Neumann (l.) erläuterte 2014 seinen Kollegen aus Angola die  Behandlung von Sergio. Als klar war, dass er die Kanüle im Hals wechseln kann, war der Junge nach Hause entlassen worden.

Foto: Lukaskrankenhaus

 Der Verein „Friedensdorf international“ aus Oberhausen hat seinen 65. Hilfseinsatz in Angola abgeschlossen. Neben 57 schwerst-verletzten Kindern, die nun – ehrenamtlich und damit kostenlos – in deutschen Krankenhäusern behandelt werden, brachte das Team um Thorsten Niedballa auch Bilder und Grüße von Sergio mit, der 2014 selbst als Patient ausgeflogen wurde. Adressat: das Lukaskrankenhaus.

Dort war die Freude groß. „Eigentlich erstaunlich, dass er überlebt hat“, sagt Professor Andreas Neumann, Chefarzt der HNO-Klinik. Er hatte den damals Vierjährigen über Monate gemeinsam mit Guido Engelmann, dem Chefarzt der Kinderklinik, behandelt. Auch Engelmann erinnert sich lebhaft an Sergio. „Ein sehr beeindruckender Fall“, dem letztlich „mit einfacher Chirurgie“ geholfen werden konnte.

Das Lukaskrankenhaus unterstützt das „Friedensdorf international“ seit Jahrzehnten und behandelt Kinder aus Kriegs- oder Bürgerkriegsgebieten. Minenopfer sind immer seltener unter diesen Kindern, sagt Friedensdorf-Sprecherin Claudia Peppmüller, denn in Angola sind Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges alle Minenfelder geräumt oder zumindest markiert. Hilfe ist gleichwohl nötig. Denn das Land boomt zwar, so dass sogar portugiesische Gastarbeiter in die ehemalige Kolonie gehen, kann aber eine medizinische Erstversorgung noch immer nicht garantieren. „Zu uns kommen Kinder, die vorher noch nie einen Arzt gesehen haben“, sagt Peppmüller.

 Sergio, inzwischen zehn Jahre alt, traf mit seiner Mutter in Angola die Helfer von „Friedensdorf international“. Ihnen und dem Lukaskrankenhaus verdankt er, dass er noch lebt.

Sergio, inzwischen zehn Jahre alt, traf mit seiner Mutter in Angola die Helfer von „Friedensdorf international“. Ihnen und dem Lukaskrankenhaus verdankt er, dass er noch lebt.

Foto: Friedensdorf Oberhausen

Wer heute als Patient nach Deutschland ausgeflogen wird, leidet entweder an Knochenentzündungen, oder an Verbrennungen oder Verätzungen. Um die Kinder mit Knocheninfektionen kümmert sich – wenn sie nach langer Reise im „Lukas“ gelandet sind – Professor Michael Schädel-Höpfner, Chefarzt der Unfall-Chirurgie. Sergio aber gehörte zu der anderen Gruppe und hatte das Glück, bei Engelmann und Neumann zu „landen“.

Als der heute Zehnjährige damals nach Deutschland kam, galt er daheim als unrettbar. Ein Todeskandidat. Er hatte eine Lauge getrunken und sich damit die Speiseröhre verätzt. „Der Kehlkopf war quasi dicht“, sagt Neumann. Deswegen war Sergio auch stumm, konnte, so der HNO-Arzt, „keine Stimme bilden“. Ernährt wurde der Junge durch eine Magensonde, geatmet hat er durch ein winziges Loch, nicht viel dicker als ein Streichholz, sagt Engelmann. „Eine leichte Infektion hätte gereicht, und er wäre qualvoll erstickt“.

Akut sicherte ein Luftröhrenschnitt das Überleben des Kindes. Der Kehlkopf wurde geweitet, so dass Sergio, als er daheim in Angola das Team von „Friedensdorf international“ traf, sogar ein paar Worte sprechen konnte. Die Kanüle im Hals aber braucht er noch immer – weil durch sie auch der Speichel des Jungen abgesaugt werden kann. Denn trotz aller Anstrengungen im „Lukas“ gelang es nicht, auch die durch die Verätzung völlig vernarbte Speiseröhre wieder zu öffnen. Sergio wird noch für Jahre, wenn nicht für immer, auf eine Magensonde angewiesen sein.

Er habe lange gedacht: Was das Friedensdorf leistet, sei nur der Tropfen auf den heißen Stein, sagt Neumann. Erst recht wenn man bedenkt, was mit dem Geld vor Ort selbst erreicht werden könnte. Die Nachricht von Sergio, von dem er einige Jahre nichts gehört hatte, zeige ihm aber: „Es hat sich gelohnt“.

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