Chefredakteur Moritz Döbler bei der Bürgergesellschaft Neuss „Die Medienzukunft ist digital“

Neuss · Internet, soziale Medien, jetzt die Künstliche Intelligenz – die digitale Transformation der Medien gewinnt noch einmal an Fahrt. Was bedeutet das für die Zukunft der Zeitung, gerade auch im Lokalen? Antworten von Moritz Döbler, Chefredakteur der Rheinischen Post, bei einer Veranstaltung der Bürgergesellschaft in Neuss.

 Johann-Andreas Werhahn (rechts) begrüßte Moritz Döbler zum Vortrag in den Räumen der Bürgergesellschaft.

Johann-Andreas Werhahn (rechts) begrüßte Moritz Döbler zum Vortrag in den Räumen der Bürgergesellschaft.

Foto: Andreas Woitschützke

Vor fast 150 Jahren, am 23. Dezember 1873, erschien die erste Ausgabe der Neuß-Grevenbroicher Zeitung, zunächst nur auf wenigen Seiten und noch nicht täglich. Heute steht der Titel – seit 14 Jahren unter dem Dach der Rheinische Post Mediengruppe – für die führende Tageszeitung im Rhein-Kreis Neuss, nicht nur gedruckt auf Papier, sondern auch in vielfältiger Ausprägung in der digitalen Welt.

Über diesen Prozess der digitalen Transformation sprach Moritz Döbler, Chefredakteur unserer Zeitung, am Donnerstagabend auf Einladung von Präsident Johann-Andreas Werhahn vor Mitgliedern der Bürgergesellschaft zu Neuss. „Alles, was digitalisiert werden kann, wird auch digitalisiert“, sagte der Journalist, der über berufliche Stationen bei den Nachrichtenagenturen dpa und Reuters, beim Tagesspiegel in Berlin und zuletzt als Chefredakteur des Weser-Kuriers in Bremen 2020 zur Rheinischen Post kam. Digitalisierung habe unmittelbaren Einfluss auf fast alle Arbeits- und Lebensbereiche. „Auch die Medienzukunft ist digital“, sagte Döbler. Die Rheinische Post habe diese Entwicklung früh erkannt. Vor 27 Jahren gehörte sie zu den Pionieren, die das Internet als neuen Kanal zur Verbreitung von Nachrichten entdeckten.

Inzwischen gibt es rund 60.000 zahlende Abonnenten, die von der Rheinischen Post produzierte Inhalte ausschließlich digital lesen. 450.000 Menschen lassen sich von Newslettern aus der Redaktion informieren, rund eine Milliarde Seitenaufrufe erzielen die Online-Portale von Rheinischer Post und NGZ pro Jahr. Mehrere Podcasts und innovative Formate in den sozialen Medien ergänzten das Angebot. Dazu gehört neben Facebook und Instagram auch TikTok. „Wenn man es gut macht, erreicht man auf diesem Videoportal junge Leute sogar mit politischen Inhalten“, sagte Döbler. Dafür stehe beispielhaft das preisgekrönte RP-Projekt „#Humbug“, das in kurzen Videos mit Mythen und Verschwörungstheorien aufräumt.

Bereits in wenigen Jahren, so Döbler, werde es mehr zahlende Digital- als Printabonnenten geben. Entsprechend steige die wirtschaftliche Bedeutung der digitalen Angebote. Unabhängig davon bleibe die Neuß-Grevenbroicher Zeitung als Marke erhalten. „Auf welchen technischen Geräten wir die Inhalte der Rheinischen Post und der NGZ in zehn oder 20 Jahren anbieten, wissen wir nicht. Aber: Die Menschen werden auch in Zukunft Interesse an verlässlichen Informationen aus ihrer Heimat haben.“ Gerade wenn es um lokale und regionale Nachrichten, nutzwertige Informationen, Hintergründe und Einordnung gehe, werde die Zeitung – unabhängig vom Kanal, gedruckt, als E-Paper oder in anderen Digitalformaten – auch in Zukunft als glaubwürdige Quelle gefragt sein.

Als „Stimme des Westens“ definiere sich die Rheinische Post nicht nur geografisch und der Heimat im Rheinland verbunden, sondern auch mit Blick auf Werte und Weltanschauung.

„Freiheit, Gleichheit, Solidarität, aber auch Vernunft und Orientierung an der Wissenschaft, den Dingen auf den Grund gehen, sagen, wie es wirklich ist“, damit, sagte Döbler, ständen sich die Rheinische Post/Neuß-Grevenbroicher Zeitung und die Bürgergesellschaft in ihrer Haltung sehr nahe.

Künstliche Intelligenz, über deren Einsatz auch in Verlagen vielfältig diskutiert werde, biete Chancen bei der Unterstützung der Produktion, etwa im Layout oder der Darstellung von Wetterdaten, Börsenkursen oder Sportergebnissen. Die Arbeit der Redaktionen, besonders im Lokaljournalismus und bei der Einordnung komplexer Sachverhalte, sei dadurch jedoch auch in Zukunft nicht zu ersetzen.

(ki-)
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