Maikundgebung in Neuss Gewerkschaften als Krisenmanager

Neuss · Der Deutsche Gewerkschaftsbund lädt für Montag zur Maikundgebung auf den Neusser Markt ein. Vorab wird der Widerstandskämpfer gedacht.

Gewerkschaftssekretär Omer Semmo, DGB-Vorsitzender Udo Fischer und Kai Langeneckhard (v.l.) rufen zur Teilnahme an der Maikundgebung auf.

Gewerkschaftssekretär Omer Semmo, DGB-Vorsitzender Udo Fischer und Kai Langeneckhard (v.l.) rufen zur Teilnahme an der Maikundgebung auf.

Foto: Andreas Woitschützke

Am 2. Mai 1933 stürmten die Nationalsozialisten die Gewerkschaftshäuser in Deutschland. 90 Jahre später ist das Anlass für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) im Rhein-Kreis, um der Maikundgebung nicht nur die trotzige Parole „Ungebrochen solidarisch“ voranzustellen, sondern vor den Reden auf dem Markt der Widerstandskämpfer im Dritten Reich zu gedenken. Treffpunkt ist dazu um 10 Uhr am Montag, 1. Mai, die Rathauspassage, wo die Namen aller Neusser Opfer auf Messingtafeln eingraviert sind.

Zur eigentlichen Kundgebung am „Tag der Arbeit“ hat der DGB mit Anita Schmidt zum ersten Mal ein Mitglied der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) als Hauptrednerin eingeladen. Die EVG-Geschäftsstellenleiterin aus Düsseldorf spricht ab etwa 11.30 Uhr – nach einem Umzug aller Gewerkschafter vom Neumarkt zum Markt.

Die Bahnen, sagt der DGB-Kreisvorsitzende Udo Fischer zur Begründung dieser Einladung, hätten eine beispiellose Privatisierungswelle erlebt. Viele Gesellschaften würden auf ihren Strecken allerdings Personal einsetzen, das, so Fischer, „eine hohe Verantwortung hat – aber wenig Geld.“ Grund: Tarifflucht vieler Arbeitgeber. Eine der zentralen Forderungen der Gewerkschaften ist deshalb an diesem Tag, dass die Bundesregierung einen Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindung auf mindestens 80 Prozent vorlegt. Über alle Branchen und Berufe hinweg.

Der Maifeiertag fällt in eine Zeit, so Omer Semmo, in der die Gesellschaft mit vielen Krisen gleichzeitig konfrontiert ist. Die Gewerkschaften hätten sich dabei bislang als Krisenmanger bewährt, betont der DGB-Gewerkschaftssekretär für die Region Düsseldorf/Bergisches Land. Preisbremse bei den Energietarifen, Anhebung des Mindestlohns und hohe Tarifabschlüsse hätten die Arbeitnehmervertreter politisch durchsetzen können. „Die Menschen fallen nicht ins Bodenlose“, sagt Semmo nicht ohne Stolz.

„Am 1. Mai demonstrieren, dass wir da sind“, nennt Kai Langeneckhardt von der Gewerkschaft Verdi einen zentralen Grund, warum für ihn solche Kundgebungen wichtig sind. Auch wenn die Forderungen, die auch in diesem Jahr propagiert werden, nicht neu aber weiter aktuell sind: Einführung einer Vermögenssteuer, Abschöpfung überhöhter Gewinne einiger Unternehmen und – über allem – existenzsichernde Löhne, faire Arbeitsbedingungen und eine konsequente Weiterbildung der Beschäftigten.

Vor 90 Jahren, sagt Fischer, waren die Parteienlandschaft „zerfleddert“ und die Gewerkschaften schwach. Profitiert haben davon die radikalen Kräfte am Rand des politischen Spektrums. Das, mahnt der DGB-Vorsitzende, dürfe in krisenhaften Zeiten wie derzeit nicht vergessen werden.

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