Performance mit Laienschauspielern Theater der 10.000 macht Zeitreise auf dem Sonnenhausplatz

Gladbach · Samstag, 12.18 Uhr: Anspannung steht etwa 50 Mönchengladbacher, die sich auf dem Sonnenhausplatz aufgestellt haben, ins Gesicht geschrieben. Noch eine Minute, dann geht es los, das „Theater der 10.000“, der laut Veranstalter Unicef bisher größten bundesweiten Performance im öffentlichen Raum, die zum Dialog und aktiven Mitgestalten der Gesellschaft auffordern wolle.

 Für ahnungslose Passanten war die Performance auf dem Sonnenhausplatz gewiss eine Überraschung.

Für ahnungslose Passanten war die Performance auf dem Sonnenhausplatz gewiss eine Überraschung.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Ein etwa 540 Quadratmeter großer, mit Flatterband abgetrennter Teil des Sonnenhausplatzes soll in weniger als einer Minute zur Bühne werden.

Die Akteure wissen noch nicht, was genau ab 12.19 Uhr, dem deutschlandweiten Startzeitpunkt, passieren soll. Dann geht es los.  Die Laienschauspieler erwachen aus ihrer Starre. Geduckt wechseln sie die Seiten auf ihrer Straßenbühne, bleiben stehen, recken die Hände über den Kopf, führen sie vor die Augen, erstarren erneut, springen in die Luft. Die Regieanweisungen bekommen die Beteiligten über Kopfhörer aus einer Audiodatei, die simultan an allen Aufführungsorten gestartet wurde.

Das, was in Mönchengladbach vor dem Sonnenhaus passierte, passierte im gleichen Moment auch vor dem Kölner Dom, dem Braunschweiger Schloss, der Porta Nigra in Trier oder dem Arkonaplatz in Berlin. In etwa 80 Städte brachte Unicef die mit theatralischen Mitteln erzählte Geschichte über Zeitreisende, die in das Jahr 2019 zurückkehren. Der Grund für ihre Reise ist alles andere als erfreulich: Bereits in einer nicht weit entfernten Zukunft hat sich die Welt in kaum noch bewohnbare Orte voller Kriege, Krisen und Katastrophen entwickelt. Jetzt müssen die Zeitreisenden die Weichen für die Menschheit und den Planeten anders stellen.

Wer auf dem Sonnenhausplatz stehenblieb und mit der abstrakten Performance weniger anfangen konnte, bekam von den anderen Unicef-Aktivisten den Tipp, sich die Geschichte parallel selbst über die Webseite des Veranstalters auf dem Handy anzuhören und so, bis auf die Regieanweisungen, dasselbe zu hören wie die Schauspieler. Deren Aufführung kam vollständig ohne Dialoge aus. Bewegungen, als würden sie sich unsichtbare Bälle zuwerfen, Schritte auf einander zu, Distanzierung, irgendwann stehen alle Hand in Hand zusammen. Die Symbolsprache war vielfach so gewählt, dass sie auch von Beobachtern verstanden werden konnte, die beim Einkaufsbummel zufällig auf die laufende Aktion trafen.

Der Mönchengladbacher Unicef-Organisator Reimund Esser zog nach etwa 30 Minuten ein positives Fazit, die mehrwöchige Vorbereitung hatte sich offenbar gelohnt. Ihm gefiel unter anderem auch die Mischung aus jüngeren und älteren Akteuren in der Performance. Und wie war das Theater der 10.000 für die Schauspieler? „Irgendwann hat man die Umwelt ausgeblendet“, erzählte Leonie Legall, und auch Klaudia Merheim bestätigte: „Man war auf die Mitspieler konzentriert.“

In jedem Fall werden alle zu einem Treffen bei Unicef eingeladen, so  Reimund Esser, denn vielleicht können so ein paar Mitstreiter für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen gewonnen werden.

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