Im Rheinischen Revier Fahrplan für Strukturwandel gesucht

Hardterbroich · 15 Milliarden Euro sollen in das Rheinische Revier fließen, um den Wirtschaftswandel nach dem Ende des Kohletagebaus zu fördern. Politik und Kommunen basteln jedoch noch an Konzepten, wie das Geld verteilt wird.

 Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners (rechts) eröffnete die Konferenz der Zukunftsagentur Rheinisches Revier im Monforts Quartier.

Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners (rechts) eröffnete die Konferenz der Zukunftsagentur Rheinisches Revier im Monforts Quartier.

Foto: Holger Hintzen

Strukturwandel im Rheinischen Revier klingt irgendwie gut, aber auch abstrakt. Was Strukturwandel in der Region nach dem Ende des Braunkohletagebaus konkret bedeuten könnte, versuchte Alexandra Landsberg vom NRW-Wirtschafts- und Innovationsministerium am gestrigen Freitag gut 200 Teilnehmern einer Konferenz der Zukunftsagentur Rheinisches Revier so zu beschreiben: „Wenn einmal Menschen in die Region kommen und in einen autonom fahrenden Zug steigen, der in Mönchengladbach gebaut wurde, haben wir erreicht, was wir wollen.“

Die Vision der Leiterin der ministerialen Stabsstelle „Strukturwandel Rheinisches Revier“ sollte freilich nicht als Ankündigung eines konkreten Zugbauprojekts in der Vitusstadt verstanden werden. Das Beispiel weist vielmehr die grobe Richtung, in die sich mit Hilfe von 15 Milliarden Euro aus der Kasse des Bundes während der nächsten beiden Jahrzehnte die Wirtschaft im Raum zwischen Euskirchen und Mönchengladbach nach dem Ausstieg aus der Kohle entwickeln soll. Konzepte für die Mobilität von morgen können dazu gehören – aber auch vieles mehr. In vier Kreisen, der Städteregion Aachen sowie in Mönchengladbach grübeln Politiker, Vertreter von Hochschulen und Wirtschaftsverbänden über Projekte. Ein Verfahren, wie einmal Ideen ausgewählt werden, gibt es freilich noch nicht, sagte Landsberg.

Überhaupt ist noch vieles unklar. Dass 15 Milliarden ins Rheinische Revier fließen sollen, ist ein Beschluss des Bundeskabinetts. Der muss erst noch in ein Strukturstärkungsgesetz gegossen werden und im Bundestag eine Mehrheit finden. Zugleich müsse dringend das Kohleausstiegsgesetz verabschiedet werden, machte Christoph Dammermann, Staatssekretär im Landeswirtschaftsministerium, deutlich. Während der Grünen-Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer fürchtet, dass der Kabinettsbeschluss „momentan in Berlin zerleppert, zerredet und zerdaddelt wird“, sagt Otto Fricke (FDP): „Wenn ich wetten müsste, würde ich wetten, dass das Geld kommt.“

Das NRW-Wirtschaftsministerium will dafür gerüstet sein. Nordrhein-Westfalen habe bereits wichtige Vorarbeiten geleistet, sagt Dammermann. Das Ministerium hofft, dass das Strukturstärkungsgesetz Ende des Jahres vom Bundespräsidenten unterzeichnet ist, so Landsberg. Zwar müssten die Kommunen im Revier keine Sorge haben, dass Zuschüsse im nächsten halben Jahr an ihnen vorbeiziehen, weil das Geld noch nicht da sei. Die knapp 90 Millionen Euro, die aus einem Sofortprogramm in erste Projekte fließen sollen, bildeten noch nicht den Strukturwandel. Gemessen an den 15 Milliarden, die im Laufe von 20 Jahren fließen sollen, sei das ein „Minimalbetrag“. Aber bis Ende des Jahres solle das Revier ein Wirtschafts- und Strukturprogramm entwerfen. Die Zukunftsagentur soll dabei eine Management-Funktion übernehmen.

Beim Erarbeiten von Projekten sollten die beteiligten Kommunen nicht egoistisch sein, sondern den Revier-Raum im Blick behalten mahnte Dammermann: „Es geht nicht darum, die eigenen Interessen zu vertreten, sondern den Strukturwandel voranzutreiben – Wertschöpfung, Arbeitsplätze, darum geht es.“ Gelinge der Strukturwandel, könne das ein Beispiel mit weiter Strahlkraft sein: „Was hier passiert, wird nicht nur in Europa Aufsehen erregen. Darauf wird die Welt schauen.“

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