Corona-Krise in Mönchengladbach Die größten Sorgen der Unternehmen

Mönchengladbach · Die Zahl der bei der IHK eingetragenen Ausbildungsverhältnisse ist in der Stadt drastisch eingebrochen. Die Kammer fordert Hilfen für Betriebe, professionelle City-Manager, mehr Gewerbeflächen und sinkende Steuern.

 Für die Innenstädte, insbesondere wie hier das gebeutelte Rheydter Zentrum, fordert die IHK hauptamtliche City-Manager.

Für die Innenstädte, insbesondere wie hier das gebeutelte Rheydter Zentrum, fordert die IHK hauptamtliche City-Manager.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Das Ausbildungsjahr in der Corona-Pandemie hat gerade erst begonnen. Doch die vorliegenden Zahlen bereiten der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein große Sorgen. Die Zahl der in Mönchengladbach bei der Kammer eingetragenen Ausbildungsverhältnisse ist im Vergleich zum Vorjahr drastisch zurückgegangen. Mit Stand Anfang August waren 645 Ausbildungsverhältnisse in Industrie und Handel neu eingetragen, ein Jahr zuvor waren es 816 gewesen. Das entspricht einem Rückgang zu dem Zeitpunkt um 21 Prozent. Damit ist Mönchengladbach auch schwerer betroffen als der gesamte Kammerbezirk, wo der Rückgang bei 18,8 Prozent lag. „Diese Entwicklung tut uns weh“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Der Fachkräftemangel wird nach der Corona-Pandemie zurückkehren.“

Dabei sind es nicht nur die Unternehmen, die corona-bedingt für weniger Abschlüsse verantwortlich sind. Die Zahl der gemeldeten Stellen ging nämlich nur um rund neun Prozent zurück. Noch immer gebe es 600 freie Ausbildungsplätze im Bezirk. „Der Bewerbungsprozess bei den jungen Menschen ist ins Stocken geraten“, sagt Steinmetz. „Wir vermuten, dass es wegen der Corona-Krise bei den jungen Menschen eine große Verunsicherung gibt. Sie haben sich in den vergangenen Wochen und Monaten mit allem beschäftigt, aber nicht mit ihrer beruflichen Zukunft.“ Nach Angaben der Agentur für Arbeit waren Ende Juli in Mönchengladbach 1570 Ausbildungsplätze gemeldet, nur drei weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Bewerber sank im Vergleich zum Vorjahr um 65 auf 1969. Ende Juli gab es in Mönchengladbach noch 715 offene Ausbildungsstellen und 701 junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz.

 IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz.

IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Die Corona-Pandemie wird nach Einschätzung von Jürgen Steinmetz im Herbst die Wirtschaft mit Wucht treffen. Dann nämlich, wenn viele Firmen zahlungsunfähig sind, die den Insolvenzantrag jetzt aber aufgrund einer Änderung im Insolvenzrecht noch nicht stellen müssen. „Da werden eine Reihe Insolvenzen ins Haus stehen“, sagt Steinmetz, auch wenn die Kommunen einiges richtig gemacht hätten wie etwa Stundungen bei der Gewerbesteuer oder beim Verzicht auf Gebühren.

Wie die Kommunen den Unternehmen kurzfristig, aber auch mittelfristig helfen sollen, das hat die IHK-Vollversammlung in den kommunalpolitischen Positionen beschlossen. Was den Handel angeht, wünschen sich die Betriebe hauptamtliche Innenstadt-Manager, vor allem für die Rheydter, aber auch für die Gladbacher City. Mönchengladbach zähle zu den wenigen Städten in Deutschland, die nicht über ein kommunales Citymarketing verfügen. Die Citymanagements arbeiteten als private Vereine. Die Stadt müsse mehr Engagement zeigen. Der „Kümmerer“ solle die Umsetzung beschlossener Maßnahmen steuern und begleiten, fordert Steinmetz: „Wir brauchen ein koordiniertes Vorgehen aller Innenstadt-Akteure, und zwar nach einem festen Plan.“ Einzelhandelsflächen müssten reduziert werden, um die Aufenthaltsqualität zu steigern. Zudem brauche der Handel nun dringend zusätzliche verkaufsoffene Sonntage. Die Stadt solle das vom Land zur Verfügung gestellte Instrument nutzen. „Wir appellieren an Gewerkschaften und Kirchen, sich dem nicht zu verschließen. Wir wollen das nicht dauerhaft“, betont Steinmetz.

 Mit dem Bau des neuen Logiflex-Unternehmensstandorts schließt sich die letzte freie Lücke im Gewerbegebiet Güdderath.

Mit dem Bau des neuen Logiflex-Unternehmensstandorts schließt sich die letzte freie Lücke im Gewerbegebiet Güdderath.

Foto: Goldbeck GmbH

Das Gewerbe speziell in Mönchengladbach benötige zudem dringend mehr Flächen. Der Flughafen müsse zur Airport City entwickelt werden. Und in Steinmetz’ Vorstellungen könnte auch die seit Jahren leerstehende und verfallende Niederrhein-Kaserne zu einem Industriegebiet werden. Dazu müsste sie im Regionalplan als allgemeine Siedlungsfläche ausgewiesen werden. Und letztlich hängt dort auch alles an einem Verkauf durch die Bundesanstalt für Immobilien-Aufgaben (BIMA). „Der Strukturwandel braucht Platz“, sagt Steinmetz.

Speziell für Mönchengladbach wünschen sich die Unternehmen eine Weiterentwicklung der Wirtschaftsförderung. Und die Betriebe kritisieren wenig überraschend die Höhe der Gewerbesteuer, den Hebesatz in Mönchengladbach bei 490 Punkten und damit deutlich über dem Durchschnitt von Städten in dieser Größenklasse liegt. Daraus folgert die Kammer: „In den kommenden fünf Jahren sollte eine Senkung geprüft werden.“

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