Aus Mönchengladbach in die Welt hinaus Der rastlos radelnde Fotograf

Mönchengladbach · Auf zwei Rädern und die Kamera stets bereit, hat Udo Henn fast ganz Europa durchquert. Die Fotos wurden bei Ausstellungen gezeigt. Wegen der Pandemie geht es nun in die Eifel statt in die Toskana.

 Das Fahrrad bringt Udo Henn und seine Kamera oft ans Ziel. Hier hält er im Düsseldorfer Medienhafen.

Das Fahrrad bringt Udo Henn und seine Kamera oft ans Ziel. Hier hält er im Düsseldorfer Medienhafen.

Foto: Jost Wohlrabe

Udo Henn ist 77 Jahre alt. 26 Jahre davon lebte er in Düsseldorf, die übrigen in Mönchengladbach, seit acht Jahren in Wickrath. Wenn man sich mit ihm unterhält, ist schnell klar: Der Mann kennt offenbar jeden. Mit dem einen ist er verwandt, mit dem anderen befreundet, mit dem nächsten benachbart. Udo Henn ist einfach ein Mensch, der andere Menschen spannend findet, schnell und auf sympathische Weise Kontakt mit ihnen aufnimmt.

Doch nicht nur den Menschen gilt sein Interesse: Die Rangliste seiner breit gefächerten Vorlieben führt der Radsport an, dem folgt das Fotografieren auf dem Fuß oder besser gesagt: auf den Reifen. Das Fotografieren und Radfahren kombiniert Henn am liebsten. Aber auch die Literatur, die Kunst, der Besuch von Museen prägen sein Leben.

 Henn stellt seine Arbeiten gelegentlich aus.

Henn stellt seine Arbeiten gelegentlich aus.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Am liebsten würde er noch den Segelflugschein machen. Und dann schreibt er noch an einem seiner Tochter und seinem Sohn gewidmeten Buch. „Licht am Ende des Tunnels“ wird es voraussichtlich heißen, die ersten 200 Seiten sind schon verfasst.

Gearbeitet hat Henn bei einer Landesbehörde in Düsseldorf, aber das Fotografieren ist seit seiner Jugend seine Leidenschaft. Als Fotograf ist er ein Autodidakt, der sich so fit gemacht hat, dass er  an der Volkshochschule längst andere Menschen in die Technik und Tricks des Fotografierens einführen konnte. Immer hatte er Aufträge von großen Firmen, für die er Werbefotos machte. „Ich bin Semiprofi“, sagt Henn.

 Udo Henn schreckt auch vor langen Touren mit dem Rad nicht zurück.

Udo Henn schreckt auch vor langen Touren mit dem Rad nicht zurück.

Foto: KN/Henn

Passionierter Radfahrer ist er noch länger. Mit acht Jahren schenkte ein Cousin ihm sein Herrenrad. „Die Stange war viel zu hoch für mich, ich musste die Beine drunter halten und in Schieflage fahren“, erinnert sich Henn. Das hat seiner Liebe zum Radfahren aber keinen Schaden zugefügt. „Das Reisefieber mit dem Rad packt mich immer wieder“, sagt er. So hat er bereits tausende von Kilometern mit dem Rad quer durch Europa zurückgelegt.

Beim Fahrrad wie bei der Kamera sind die neuen Techniken eingezogen: Fuhr Henn früher ausschließlich ein „normales Fahrrad“, verwendet er nun für die langen Strecken das E-Bike. Beim Fotografieren setzt er heute noch gerne auf das analoge Mittelformat, aber häufiger kommt die Digitalkamera zum Einsatz.

Udo Henn ist ein Mann, der vor Plänen und Ideen nur so sprudelt. Eigentlich wollte er in die Toskana, genauer auf die Insel Elba. Doch die Corona-Krise hat das zunichte gemacht. Aber davon lässt Henn sich nicht klein kriegen. Er plant Neues: Wenn nichts dazwischen kommt, schwingt er sich Ende August/ Anfang September auf den Sattel seines Rades und fährt in die Eifel. „Ich kenne sie schon gut und werde sie von West nach Ost und von Nord nach Süd durchqueren“, erklärt er. „100 Kilometer machen mir überhaupt nichts aus, darüber hinaus spüre ich mein Gesäß.“

Aber auch eine Tagesetappe von 160 Kilometern ist für Henn gut machbar. Er radelt immer allein, oft hält er an, um zu fotografieren, denn: „Ich sehe alles mit meinem fotografischen Auge.“ Doch nicht nur die Landschaft betrachtet er so. Henn hat klare Ziele: Er wird die Vulkanbrauerei in Mendig aufsuchen und dort den Brauprozess mit seiner Kamera dokumentieren. Auch die Eifeler Mineralquellen sind ein Ziel. Henn hat bei allen Planungen im Kopf, dass er die Fotos – wie früher schon – ausstellen wird.

Sein zweiter Plan für den Herbst hat eine kuriose Vorgeschichte: Henn warf eine Flaschenpost in den Rhein. Darin stand: „Wenn Sie diese Flaschenpost lesen, gerne fotografiert werden wollen oder an einer Fotoausstellung interessiert sind, melden Sie sich.“ Unglaublich, aber wahr: Er erhielt tatsächlich eine Antwort von einem Matrosen, der auf dem Tankschiff der Somtrans fährt. Verbunden mit dem Angebot, einmal auf der Strecke zwischen Duisburg und Rotterdam mitzufahren und zu fotografieren. Nun muss nur noch ein Termin gefunden werden.

„Ich kenne keine Langeweile. Ich komme auf die verrücktesten Ideen“, sagt Udo Henn über Udo Henn. Besser kann man es auch nicht sagen.

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