Opa-Kolumne Wie mir meine Enkelin Matilda die Welt erklärt

Mönchengladbach · Großeltern kennen diese Phase im Leben eines Kindes, in der es mit erfrischenden Erkenntnissen ihr Dasein bereichert. Unser Kolumnist verrät lustige und ziemlich schlaue Aussagen einer Siebenjährigen.

Dieter Weber

Dieter Weber

Foto: Ilgner

Kennen Sie den Song „Kinder an die Macht“ von Herbert Grönemeyer? Ich bin wahrlich kein Grönemeyer-Fan. Aber im Text sind einige Aussagen über Kinder, die nicht nur reine Songschreiber-Lyrik sind. „Sie berechnen nicht, was sie tun. Die Welt gehört in Kinderhände. Dem Trübsinn ein Ende. Wir werden in Grund und Boden gelacht“, zum Beispiel. Wenn ich mit meiner Enkelin Matilda erzähle, denke ich oft an Grönemeyers Stück.

Die Siebenjährige spricht (fast) alles aus und kennt in ihrem Erzähldrang wenig Etikette. Matilda analysiert immer häufiger die Welt und hinterfragt, was wir Erwachsene wie selbstverständlich von uns geben und dies dann als richtig ansehen. Und so, wie sie es tut, wirkt es oft lustig. Doch das ist es nur vordergründig. Matildas Sprüche reflektieren vieles und machen dann bewusst, dass Aussagen von Erwachsenen mitunter nur Hüllen sind. Dass wir etwas entscheiden und etwas tun, das lediglich auf unserem Erfahrungsschatz basiert – ohne diesen selbst zu hinterfragen.

Keine Sorge, ich gehöre nicht zu den Menschen, die stark kindertümelnd argumentieren. Aber wir Großeltern kennen diese Phase im Leben eines Kindes, in der es mit erfrischenden Erkenntnissen unser Dasein bereichert. Da löst sich die Naivität früherer Jahre auf, und es ist noch nicht die Abgeklärtheit späterer Jahre erreicht. Wenn Matildas Mutter von ihrer Siebenjährigen verlangt, dass sie eine Mütze aufsetzt, weil sie sich sonst erkälten könnte, reagiert diese mit der selbstbewussten Gegenfrage: „Und warum hat Opa keine Mütze auf? Der hat sogar eine Glatze.“ Ups! Dabei habe ich doch gar keine ... Es kommt halt auf die Sichtweise an und wie man etwas dreht und wendet.

So ist es mir auch ergangen, als mir Matilda ihren Puzzle-Leuchtturm gezeigt hat. Das ist eines dieser Bauwerke in 3D-Optik, die bei Kindern sehr beliebt sind. Sie könne ja auch einmal in einem Leuchtturm wohnen, empfahl ich Matilda. Sie reagierte mit einer klaren Ansage: „Ich werde Königin!“ Während ich vor meinem geistigen Auge die Königshäuser dieser Welt nach geeigneten Prinzen als Partner absuchte, erkannte ich den Kern ihres Spruchs. Matilda liebt es, Häuser zu bauen und einzurichten. Sie machte mir deutlich: Eine Wohnung in einem Leuchtturm ist wenig verlockend, es sollte schon eher etwas Schlossähnliches sein. Denn als ich sie ein paar Tage später darauf ansprach, dass sie Königin werden will, reagierte sie ziemlich ablehnend: „Man kann einen Berufswunsch auch wieder ändern.“

Matilda, die Wandelbare: Sie interessiert sich sehr für mein Auto, vor allem für die Einparkhilfe auf Knopfdruck. Als ich sie fragte, ob sie später ein Auto haben wolle, nickte sie: „Ich will später ja Mama sein und muss meine Kinder zum Kindergarten und zur Schule fahren.“ Dies müsse man nicht mit einem Auto machen, außerdem könne diese Aufgabe ihr Partner übernehmen, sagte ich. Erst ein empörter Blick, dann ihr verbaler Gegenschlag: „Ich brauche ein Auto. Meinst du denn, ich will als Mama immer nur im Haus und im Garten sein?“ Beginnen so Feminismus und Emanzipation? Auch ihre Eltern bleiben von Matildas schlagfertigen Reflektionen nicht verschont. Als sie bei uns ein Toastbrot aß, erklärte ihr Vater in einem Vortrag, wie ungesund Toastbrot sei. Sie hörte ihm kurz zu, ehe sie ihn spontan fragte: „Und warum haben wir dann einen Toaster?“

Dieter Weber ist Opa von Hannah (11), Matilda (7) und Elisa (4). An dieser Stelle berichtet er regelmäßig vom aufregenden Opa-Leben.. Foto: Detlef Ilgner

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