Bundesliga-Frauen von Bayer 04 Fußballerinnen suchen das digitale Duell

Leverkusen · Die Bundesliga-Frauen von Bayer 04 nutzen die Zwangspause, um sich per Video-„Challenge“ fit zu halten.

 Die Foto-Collage zeigt die Fußballerinnen von Bayer 04 beim Heimtraining in Corona-Zeiten.

Die Foto-Collage zeigt die Fußballerinnen von Bayer 04 beim Heimtraining in Corona-Zeiten.

Foto: Bayer 04

Achim Feifel ist ein nachdenklicher Mensch. So macht er sich auch in diesen Tagen viele Gedanken: über den Corona-Virus, die Reaktionen darauf, die Gesellschaft und den Sport. Dass der momentan pausiert, steht für den Trainer von Bayers Fußballerinnen außerhalb jeder Diskussion. Das stellt er gleich zum Einstieg in das – natürlich am Telefon geführte – Gespräch mit unserer Redaktion klar. „Das war die total richtige Entscheidung. Es geht um die Gesundheit aller – da muss der Sport zurückstehen “, betont er.

Feifel weigert sich darum auch, die Einschränkungen für ihn und seine Schützlinge als Problem zu werten und nennt die Pause von Liga und Pokal samt Verbot des gewohnten Trainingsbetriebs lieber „eine Herausforderung“, die es zu meistern gilt. Er sagt: „Wir wollen das Beste aus der Situation machen.“ Dazu haben er und das Trainerteam sich viele Gedanken gemacht und nutzen neben dem Telefon auch moderne Technik, um untereinander und mit den Spielerinnen in Kontakt zu bleiben.

Einen humorvollen Einblick in das Miteinander im Team erhielten die Fans durch ein Video, das Feifel und die Spielerinnen aufgenommen haben und das eine Telefonkette untereinander zeigt, bei der sie sich über die Fortschritte beim heimischen Individualtraining auf dem Laufenden halten. Das war natürlich inszeniert, aber doch nicht so weit von der Realität entfernt.

Feifel und die Spielerinnen nutzen viele Kommunikationskanäle – herkömmliche Anrufe, aber auch Chatgruppen, Foren oder gemeinsame Videokonferenzen – um in Kontakt zu bleiben. Für zusätzliche Motivation neben dem konditionellen und athletischen Programm sorgen kleine individuelle Einheiten mit Ball, vor allem die regelmäßigen kleinen Wettkämpfe, neudeutsch „Challenges“ genannt.

Zuletzt mussten die Spielerinnen etwa daheim ein 50 mal 50 Zentimeter großes Quadrat auf dem Boden abkleben oder abkreiden. In dem galt es dann in drei Varianten den Ball bis auf Kniehöhe zu jonglieren: erst mit dem rechten Fuß, dann mit dem linken, dann im stetigen Wechsel. Jeweils eine Minute galt es so, möglichst viele Ballkontakte zu erreichen. Zeit hatten die Leverkusenerinnen dazu den ganzen Tag bis 21 Uhr. „Und diese Zeit haben sie auch ausgenutzt. Die letzte halbe Stunde ist das Netz fast zusammengebrochen, weil so viele Videos kamen“, sagt der Trainer schmunzelnd. Er muss nun die Videos sichten, um dann eine Siegerin zu küren.

Wie gut die Challenges ankommen, zeigt sich schon daran, dass die Spielerinnen rege von der Möglichkeit Gebrauch machen, neben den Wettkämpfen des Trainers über eine Handy-App auch eigene Herausforderungen ins Leben zu rufen, in denen es um Athletik, Beweglichkeit und Spaß geht.

Einen kleinen Vorteil in dieser Zeit der sportlichen wie sozialen Einschränkungen haben einige Bayer-Fußballerinnen, die gemeinsam in einer Wohngemeinschaft leben und so gemeinsam trainieren können. Dafür sind etwa die Ungarinnen Dora Zeller und Henrietta Csiszár ein gutes Beispiel. Schwieriger ist es da schon für Sandra Maria Jessen. Die lebt fern der isländischen Heimat zwar eigentlich auch in einer Fußball-Wohngemeinschaft. Mitbewohnerin Lena Uebach hat es aber vorgezogen, vorübergehend zu ihren Eltern zu ziehen – und nun muss Jessen wie die alleinwohnenden Teamkolleginnen einzeln trainieren.

Feifel ist überzeugt, dass die Verbindung aus erzwungenem Einzeltraining und regem Austausch über die verschiedenen Kommunikationskanäle das Team noch enger zusammenschweißt. „In Zeiten wie diesen merken wir erst, was für ein Geschenk ein Teamsport wie Fußball ist. Vielleicht erdet das auch und hilft als Motivation, wenn nach der Krise die Lust auf ein gemeinsames Training mal nicht so groß ist“, hofft der Trainer.

Für ihn steht jetzt schon fest, dass er einige der neuen Kommunikationsmöglichkeiten, die er nun notgedrungen nutzt, auch dann weiter einsetzen wird, wenn der Fußball endlich wieder zum Normalbetrieb zurückkehren kann – etwa zur intensiven individuellen Spielanalyse mit seinen Schützlingen.

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