Motorsport Le Mans: Für Bergmeister eine coole Strecke

Langenfeld · Langenfelder Porsche-Werksfahrer liebt die berühmten 24 Stunden, bei denen viel passieren kann. Heute um 15 Uhr geht es los.

 Atempause: Jörg Bergmeister findet immer mal wieder eine Lücke, um wenigstens ein bisschen vom Renn-Stress abzuschalten.

Atempause: Jörg Bergmeister findet immer mal wieder eine Lücke, um wenigstens ein bisschen vom Renn-Stress abzuschalten.

Foto: Porsche AG

Dieses Rennen ist ein bisschen von allem - spektakulär, verrückt, faszinierend, spannend, atemberaubend. Selbst Profis, die auf der ganzen Welt herumkommen, sind jedes Mal aufs Neue beeindruckt. Dem Langenfelder Jörg Bergmeister, seit 2002 in jedem Jahr mit von der Partie, geht es vor der 82. Auflage der berühmten 24 Stunden von Le Mans genauso. "Le Mans ist eine coole Strecke und echt beeindruckend", sagt Bergmeister, "das ist das größte Rennen überhaupt." Echten Widerspruch wird der Porsche-Werksfahrer mit dieser Feststellung nicht ernten. Und noch immer gewinnt die Gänsehaut gegen die Erfahrung. "Natürlich ist inzwischen eine gewisse Routine da", gibt der 38-Jährige zu, "ich kenne die Strecke. Das ist ein Vorteil." Wenn der Starter heute um 15 Uhr das Rennen freigibt, kennt er trotzdem nur eine Devise: Vollgas.

 Typisch Le Mans: Der Kurs fürs 24-Stunden-Rennen führt auch Jörg Bergmeister im Porsche 911 RSR über normale Straßen.

Typisch Le Mans: Der Kurs fürs 24-Stunden-Rennen führt auch Jörg Bergmeister im Porsche 911 RSR über normale Straßen.

Foto: Porsche AG

Dass der Langenfelder Langstrecke kann, hat er in seiner Karriere schon hinreichend bewiesen. Als er 2002 zum ersten Mal in Le Mans am Start war, hatte er bereits den Klassen-Sieg bei den 24 Stunden von Daytona (Florida) in der Tasche. Im Jahr 2004 folgte mit dem Triumph in der GT-Klasse das bisher stärkste Ergebnis in Le Mans, das für Jörg Bergmeister auch manche Enttäuschung bereithielt. Beispiele: 2006, 2007, 2009, 2010 und 2012 war das Rennen jeweils vorzeitig beendet (Unfall oder technischer Defekt). Im Juni 2012, als Porsche zum ersten Mal nach einer langen Pause wieder mit einem eigenen Werksteam unterwegs war, büßte der Langenfelder bereits nach zwei Runden viele Chancen ein. Da hatte er Pech mit einer frühen Gelbphase, als das Safety Car direkt vor ihm auf die Strecke kam. Während die drei führenden Autos hier Glück hatten, musste der damalige Vierte Bergmeister sein Tempo drosseln - und verlor hier rund zwei Minuten auf die Mitbewerber. Am Ende konnte Porsche einen Doppelsieg feiern, denn das Dienstauto mit der Nummer 92 raste vor Bergmeisters 911 RSR mit der 91 über die Ziellinie.

Was alles passieren kann, erfuhr Jörg Bergmeister kürzlich bei den offiziellen Tests in Le Mans. Da hatte er sich vor einer Kurve verbremst und wollte dann geradeaus den Weg ins Kiesbett nehmen - was in der Branche nicht unüblich ist, um das Risiko für alle zu minimieren. Sehr ungewöhnlich war allerdings, wie die Streckenbauer die "Zufahrt" in den Ausweg konstruiert hatten. Statt einer ebenen Fläche tat sich beim Fluchtversuch ein stufen- bis rampenartiges Fleck Erde auf. Folge: Bergmeister hob ab. Seine unfreiwillige Flugstunde fand in eineinhalb Metern Höhe statt und endete nach rund 15 Metern. Obwohl der Aufprall heftig war, blieb der Langenfelder unverletzt - während sein Dienstwagen so starke Schäden hatte, dass sich eine Reparatur für den Rest des Testtages nicht lohnte.

Gestern hatten die bereits am Pfingstsonntag angereisten Le-Mans-Starter einen eher arbeitsfreien Tag, sodass sie sich am Nachmittag auch der traditionellen Fahrerparade durch die Stadt widmen konnten. Dass sich die PS-Profis in Oldtimern den Fans präsentieren, hat in Le Mans ebenfalls einen festen Platz. Die Motorsportler genießen diesen Teil der Veranstaltung, zumal hier noch die Ruhe vor dem Sturm herrscht. Und für Jörg Bergmeister galt das ganz besonders - weil im Qualifying (Zeittraining/entscheidet über die Start-Aufstellung) am Ende praktisch nichts nach Wunsch lief.

Porsche hatte von Beginn an eine Strafe für den Erfolg aus dem vergangenen Jahr im Gepäck - ein Zusatzgewicht von 25 Kilo und eine Verkleinerung des Luftmengen-Begrenzers (Restriktor). Beides führt zu weniger Geschwindigkeit. Deshalb lag Bergmeister, der sich die Arbeit am Steuer mit dem Briten Nick Tandy und dem Franzosen Patrick Pilet teilt, nach dem ersten Qualifying als Fünfter 1,8 Sekunden hinter dem Top-Wert. Trotzdem war die Welt des Langenfelder hier noch halbwegs in Ordnung: "Wir sind ja bei einem 24-Stunden-Rennen. Da müssen wir erst abwarten, wie weit wir wirklich weg sind. Und es gewinnt nicht immer der, der das schnellste Auto hat."

Qualifikationssitzung zwei brachte keine Verbesserung - und der entscheidende dritte Abschnitt sogar einen Rückschlag. Der Porsche 911 RSR musste auf der Zielgeraden wegen eines technischen Problems an der Hinterachse ausrollen. Weil es das Reglement verbietet, ein "gestrandetes" Auto zurück in die Box zu schieben, war die Einheit vorzeitig gelaufen. Bergmeister, Pilet und Tandy blieb schließlich gerade noch der enttäuschende siebte Platz in der Klasse GTE-Pro. "Das ist natürlich nicht das Ergebnis, das wir uns vorgestellt haben. Grundsätzlich denke ich, dass wir ein gutes Auto haben. Wir sollten im Rennen deutlich weiter nach vorne kommen." Ausgeschlossen ist das nicht. Denn Le Mans ist ein bisschen von allem - spektakulär, verrückt, faszinierend, spannend, atemberaubend.

(RP)
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