Krefeld Greta und Krefelds Feldlerchen

Krefeld · Was hat Greta Thunbergs Atlantik-Überfahrt mit Krefelds Feldlerchen zu tun? Eine Erkundung.

 Jens Voss

Jens Voss

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Es gab in dieser Woche ein paar Nachrichten, die unterirdisch verbunden sind. Die Meerbuscher schaffen viele Kombi-Wege für Radfahrer und Fußgänger ab, weil sie zu mehr Problemen führen; der Krefelder ADFC fordert das Gleiche für Krefeld. Die Feldlerche findet in Krefeld wie in ganz Deutschland immer weniger Lebensraum. Die Hüttenallee soll verbreitert werden; „nur“ um zwei Meter, am Ende aber wird das Sträßchen durch Krefelds schönsten Landschaftspark doch noch mehr Verkehr anziehen, auch ungebetenen wie Lkw. Greta Thunberg bricht auf einem Hightech-Segelboot ohne Toilette, aber CO2-neutral nach Amerika auf.

Heißt: Der Klimawandel wird hierzulande oft entweder riesengroß oder superklein debattiert. Riesengroß, wenn es ums Ganze der Welt mit Supersymbolen wie einer Atlantikfahrt geht. Superklein, wenn etwa die Bundesumweltministerin gegen Plastiktüten kämpft (die man nicht mögen muss, aber der Wegfall deutscher Plastiktüten löst kein Klimaproblem, eigentlich: überhaupt kein Problem, denn deutsche Plastiktüten landen nicht im Meer, sondern in der Müllverbrennungsanlage). In Kommunen wiederum gilt es, mittelgroße Probleme zu lösen, die in den „Supergroß-“ und „Superklein“-Debatten nicht vorkommen.

Mittelgroß ist etwa das Problem, dass Krefeld ein besser ausgebautes Radwegenetz braucht, wenn Menschen auf dieses umweltfreundliche Verkehrsmittel umsteigen sollen. Ein Netz, das neuen technischen Entwicklungen gerecht wird: dem E-Bike; den Transportanhängern für Kinder oder E-Rollern, die mangels tauglicher Wege eigentlich Mumpitz sind.

Fazit: Krefeld ist in absehbarer Zeit nicht imstande, das mittelgroße Problem Radwegenetz zu lösen. Es gibt auch keine Angebote von Bund und Land, Städten wie Krefeld real zu helfen. Der Bund, der alte Steuergierschlund, träumt lieber von neuen Steuern bei CO2 oder Fleisch oder SUV’s.

Wenn die Lerche aus Krefeld verschwindet, liegt das auf einer Linie mit dem Insektenschwund, den, so scheint’s mittlerweile, niemanden mehr kratzt, außer es erwischt einen eine der überlebenden Mücken. Krefeld hat das mittelgroße Problem, Blühstreifen zu schaffen, überhaupt: Inseln für Insekten oder Vögel wie die Lerchen. Nun gibt es ein paar wertvolle, hinreißend schöne Naturschutzflächen in der Stadt, doch sie sind relativ klein und als Insellösung nur bedingt tauglich zur Lösung großer Probleme. Naturflächen wirken eben nur im Verbund. Krefeld müsste also eingebunden werden in ein Landes- und Bundesprogramm des Flächenmanagements, die Landwirte mit eingeschlossen. Das kann die Stadt gar nicht leisten. Dass Bürger eigene kleine Blühprogramme umsetzen, hat mehr mit Verzweiflung als mit Problemlösung zu tun.

Fazit: Krefeld ist bislang und in absehbarer Zeit nicht imstande, das mittelgroße Problem Naturflächen zu lösen. Es gibt auch keine Angebote von Bund und Land, Städten wie Krefeld real zu helfen. Der Bund, der alte Steuergierschlund, träumt lieber von neuen Steuererhöhungen bei CO2 oder Fleisch oder SUV’s.

Der Befund ist beunruhigend. Wir wollen die Welt retten, aber da, wo die Welt ist, nämlich in Dörfern und Städten, ist keine Bewegung in Sicht. Und im Großen wird diskutiert, wie glaubwürdig Greta Thunberg ist, wenn sie über den Atlantik schippert, während man eigentlich sinnvollerweise nur eines tun sollte: hoffen, dass das Mädchen heil ankommt. Parallel dazu geht, wie man hören kann, die Welt tatsächlich unter. Sorry, wir haben sie nicht mehr alle.

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