Kunst in Krefeld Hommage an die bunten Autos der 70er Jahre

Krefeld · Der Krefelder Fotograf Volker Döhne legt einen Bildband vor: „bunt“ erinnert an ein fast vergessenes Lebensgefühl.

 R4 und Golf waren die Kultautos der 70er Jahre. Volker Döhne hat sie als Farbtupfer in einer mauergrauen Welt fotografiert. Das ist eine Aufnahme aus dem neuen Bildband.

R4 und Golf waren die Kultautos der 70er Jahre. Volker Döhne hat sie als Farbtupfer in einer mauergrauen Welt fotografiert. Das ist eine Aufnahme aus dem neuen Bildband.

Foto: Volker Döhne

Die Farbe knallt. Im Grau-in-Grau der Stadtkulisse leuchten die roten, gelben und grünen Autos auf dem Parkplatz wie eine Supernova. Aber sie sind keine flüchtige Erscheinung, denn Volker Döhne hat ihnen mit der Kamera Bestand in der Zeit verschafft. „Bunt“  heißt die Serie, die der Fotograf 1979  aufgenommen hat. Es sind Zeitdokumente.  Sie spiegeln, wie das Leben damals war, in den 70ern: eben bunt – auch wenn in Döhnes Arbeiten nie Menschen vorkommen. An ihren Attributen beschwört Döhne ein Lebensgefühl. Im vergangenen Jahr waren die Fotoarbeiten in einer großen Retrospektive im Kaiser-Wilhelm-Museum zu sehen. Jetzt, ein Jahr später, ist der Bildband „bunt“ erschienen.

Döhne erregt überregional Aufsehen. Nicht nur im KWM zeigte er sein Werk, auch im Frankfurter Städel waren seine Fotografien neben denen von unter anderem Andreas Gursky zu sehen. Es ist ein später Ruhm für den 66-jährigen Krefelder. Lange blieb er in der Anonymität, während Gursky, Candida Höfer, Thomas Ruff und Thomas Struth weltweit Karriere machten. Mit ihnen hat Döhne  gemeinsam studiert – in der ersten Klasse von Bernd Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie.

 Volker Döhne mit der Serie „bunt“ im Kaiser-Wilhelm-Museum.

Volker Döhne mit der Serie „bunt“ im Kaiser-Wilhelm-Museum.

Foto: Stadt Krefeld

Döhne hat nach dem Studium die freie Kunst auf Eis gelegt für eine Festanstellung als Fotograf am Kaiser-Wilhelm-Museum. Für die Ausstellungen in den Kunstmuseen hat er Flyer, Plakate und Kataloge gestaltet. Nach seiner Pensionierung widmet er sich wieder verstärkt seiner Kunst. Mit Erfolg.

„Bunt“ ist eine Art Markstein im Werk des Krefelders. Denn die Becher-Schule steht für Schwarz-Weiß.  An der Akademie hat der junge Student leidenschaftlich mit seinem Lehrer diskutiert. Es war die Zeit der explodierenden Farben. Flower Power und die ersten Farbfernsehgeräte, die in den späten 60ern aufgekommen waren, hatten das Sehverhalten beeinflusst.  Bernd Becher und Volker Döhne diskutierten intensiv über die Qualität der Farbfotografie, deren Vor- und Nachteile. „Becher störte vor allem, dass die Diapositive farbstichig waren und seiner Ansicht nach zu stark von der Realität abweichen“, schreibt die Kulturredakteurin Catrin Lorch in dem Band „Bunt“. Deswegen konzentriere sich Döhne, seine Aufnahmen stimmig zu gestalten. „Sie verweisen nicht auf die außenliegende Wirklichkeit, sondern sind ganz auf sich konzentriert, auf die eigene Palette, die Kontraste und Wirkungen, die sie mitbringen“, so Lorch.

 Schwarz-Weiß  ist der Stil des Becher-Schülers Döhne. Hier hat er die Limes-Wege dokumentiert.

Schwarz-Weiß  ist der Stil des Becher-Schülers Döhne. Hier hat er die Limes-Wege dokumentiert.

Foto: Volker Döhne

 Döhne ist ein Flaneur mit Kamerablick. Viele Motive tun sich ihm auf, wenn er zu Fuß geht. Es ist ihm ein Anliegen, das zu erfassen, was zu verschwinden droht. Das ist eine Serie von Toilettenhäuschen – von der zweckorientierten Containerbox bois zum Häuschen mit geschnitztem Herz in der Tür. Oder eine Serie aus Schrebergärten. So hat er auch in der Krefelder Innenstadt die Architektur festgehalten, bei der nach und nach die Wunden des Zweiten Weltkriegs verschwanden, hat den Weg des Limes nachverfolgt und hat jüngst die Sanierungen der Museumsvillen Esters und Lange dokumentiert.

Für die Serie „bunt“ hat Volker Döhne in Remscheid und Wuppertal fotografiert: Mal einzelne Pkw, mal eine kleine Gruppe oder als Lindwurm entlang von Feldwegen. „Die Autos waren bunt und Remscheid grau“, erinnerte sich Döhne bei einer Ausstellung dieser Arbeiten 2015 im Krefelder Kunstverein.

Das Auto war das große Statussymbol der Zeit und Döhne gibt ihm Raum, zu wirken. Denn nirgends ist ein Fahrer zu sehen, nicht mal auf den Bildern von fließendem Verkehr. Die Abwesenheit von Lebendigem fordert die Konzentration auf das Statische, auf das Motiv, das scheinbar alle Flüchtigkeit entbehrt. Das ist eine kleine Illusion von Ewigkeit. Und trotz aller Sachlichkeit stellt sich auch ein wenig  Nostalgie ein.

„Bunt. Farbige 1970er-Jahre Studien von Volker Döhne“, mit einem Text von Catrin Lorch, Greven Verlag Köln. 20 Euro.

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