Kleve Moyland voller Asche und Gold

Kleve · Über 60 Arbeiten von 30 Künstlern zeigt Museum Schloss Moyland in der großen Ausstellungshalle. Die in Kooperation mit dem MARTa in Herford entstandene Ausstellung macht Station im Wasserschloss und trägt berühmte Namen wie junge Künstler zu einem spannenden Projekt zusammen.

 Maske aus Gold von Man Ray. Auch sie gehört zu den vielen Werken der Ausstellung in Moyland.

Maske aus Gold von Man Ray. Auch sie gehört zu den vielen Werken der Ausstellung in Moyland.

Foto: Gottfried Evers

Bedburg-Hau-Moyland Jeder kann ein Stück Kunstwerk mitnehmen. Einfach so. Aufheben, das Goldpapier aufwickeln und das Bonbon essen — alles erlaubt. 544 Kilogramm Kaffee-Bonbons hatte der Kubaner Felix Gonzales-Torres 1993 als "Placebo Landschaft für Roni" in einen Raum geschüttet. Ein goldenes Bonbon-Bad wie zum Eintauchen. In Museum Schloss Moyland bildet das Goldbad das eine Ende der Galerie in der großen Ausstellungshalle des Schlosses. Reiner Ruthenbecks Aschehaufen aus Hochofen-Schlacke, der über Rechtkant-Eisenrohre geschüttet wurde, ist das Pendant auf der gegenüberliegenden Seite des langen Ganges. Beide bilden die Essenz der Ausstellung "Asche und Gold. Eine Weltenreise".

 Asche und Gold: Gereon Krebbers verbrannter Bau spiegelt sich in Heinz Macks goldenem Kubus.

Asche und Gold: Gereon Krebbers verbrannter Bau spiegelt sich in Heinz Macks goldenem Kubus.

Foto: Evers, Gottfried

"Die Ausstellung stellt zwei künstlerische Materialien einander gegenüber, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Gold, seit jeher für seinen erhabenen Glanz und zeitlosen Wert geschätzt, wird konfrontiert mit Asche, einem Stoff, der den Endpunkt eines zerstörerischen Prozesses der Materialumwandlung darstellt und als Symbol der Vergänglichkeit gilt", sagt Moylands Museumsdirektorin Dr. Bettina Paust. Oder auch ins Gegenteil verkehrt wird: Wird die Asche in der Regel als Zeichen des Todes und der Vergänglichkeit interpretiert, so bietet der Inder Subodh Gupta ein Stück Gold als ein Kilo Krieg an. Todbringend.

 Gonzalez-Torres Landschaft für Roni aus goldenen Bonbons.

Gonzalez-Torres Landschaft für Roni aus goldenen Bonbons.

Foto: Evers, Gottfried

Die Ausstellung, die im Museum MARTa Herford startete, wurde für Moyland konzentriert und durch neue Arbeiten erweitert. Sie vereint über 60 Arbeiten von 30 Künstlern, erläutert Dr. Alexander Grönert, der "Asche und Gold" in der Vorburg einrichtete. Neu sind vor allem zarte, fragile Werke von Joseph Beuys, die Moyland nicht nach Herford ausleihen konnte. Ein kleines Blatt mit zwei Aschekreisen auf kräftigem Papier: "Schwarze Blume". Das bereichert den ausführlichen Beuys-Bereich: darin unter anderem der Osterhase — das ausgefaltete Goldpapier eines Schokohasen.

Wie die Bonbons und der Aschehaufen bilden auch im großen Mittelteil der Halle Gold und Asche die beiden großen Pole. Gleich am Eingang scheint Gereon Krebbers Installation "Das kommt davon" den Weg zu versperren. Ein Bau aus Latten und Brettern, verkohlt, verbrannt, das Dach eingestürzt steht mitten im Raum. Dem verkohlten, vergangenen Bau gegenüber eine golden glänzende Säule von Luka Fineisen, wie Krebber eine Absolventin der Düsseldorfer Akademie. In der Säule werden winzige Goldpartikel mit einem Gebläse an die Plexiglaswände der Säule geblasen, die ihre Umgebung in stetes Glitzern hüllen. Diese beiden großen Installationen wurden eigens für Moyland neu geschaffen. Krebbers Bau fürs MARTa war zu hoch für Moyland, Fineisens Gebläse "Vielpartikelsystem III." passte als stehende Säule besser in die Halle, in der sie eine zentrale Position einnimmt. Wunderbar auch der Hohlspiegel von Turner-Preisträger Anish Kapoor: glatt poliertes Gold, das die Welt auf den Kopf stellt.

Aber die Ausstellung erzählt auch vom Leid, von der Arbeit und der Mühe, Gold zu fördern. Mads Nissens journalistische Fotos zeigen dies beredt. Ebenso beredt wie die Bilder von Friederike von Rauch, "Ash". 2010 fotografierte sie isländische Landschaften nach dem Ausbruch des unaussprechlichen Vulkans Eyjafjallajökull. Das sind faszinierende Farbfotos in Schwarz-Weiß, Landschaften, ganz in farblose Asche gehüllt, unwirklich, wie die Fantasien von Hades, der griechischen Unterwelt für die Toten. Den Bildern fehlt nicht die Farbe, es gibt keine Farbe mehr, nachdem die graue Asche alles bedeckt hat. Dann glitzert es wieder gülden — hauchzart von den Briefen Byars, als zerbrechliche Fläche von Yves Klein oder als Maske von Man Ray. Nicht zu vergessen das Goldporträt, das Andy Warhol belegte, oder die Bilder, die zu Asche verbrannt werden. Eine Aktion, dokumentiert durch ein Video.

Eine spannende Ausstellung voller Spannungen und Gegensätze. Und einem Stückchen, das vielleicht bleibt — wenn man das Bonbon von Gonzales-Torres nicht auspackt und aufisst.

(RP)
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