Kurhaus Kleve Wichtige Fotografin der Nachkriegszeit

Kleve · Zur Ausstellung „Evelyn Hofer“ im Klever Museum Kurhaus ist beim Steidl-Verlag ein dickes Kunstbuch erschienen, das es auch als Katalog zur Ausstellung mit 200 Fotografien der Künstlerin gibt.

 Andy Warhol mit Dogge, aufgenommen von Evelyn Hofer.

Andy Warhol mit Dogge, aufgenommen von Evelyn Hofer.

Foto: Grass

Evelyn Hofer ist noch nicht in die „Hall of Fame“ der internationalen Fotografie angekommen. Obwohl sie zeitlebens eine nicht unwichtige Rolle als Fotografin gespielt hat: Sie fotografierte für die großen Magazine, machte Aufträge für Künstler, Reisereportagen und trotz des  unhandlichen Equipments ihrer Plattenkamera sogar Hochzeitsporträts - falls sie dafür nicht doch eine Kleinbildkamera benutzte.  Vielleicht liegt es an dieser großen Vielfalt, die die Frau, die auch schon früh in die Männerdomäne der Fotoagentur Magnum gelangte (wenn auch nur kurz), zwar zeitlebens bekannt machte, sie aber nach ihrem Tod  2009 bald in Vergessenheit geriet. Das soll sich jetzt ändern: Das Museum Kurhaus Kleve widmet der Frau, die 1942 mit ihrer Schweizer Mutter dem nach Mexiko emigrierten Vater folgte und später in New York lebte, eine Ausstellung mit fast 200 Bildern. Dazu ist jetzt im renommierten Steidl-Verlag ein Buch erschienen, das während der Ausstellung in Kleve als Katalog gehandelt wird.

In den 1960er bis frühen 2000er Jahren war Hofer eine gefragte Fotografin. „Sie erfreute sich eines großen Publikumsinteresses und war fest in den künstlerischen und gesellschaftlichen Netzwerken ihrer Zeit verankert“, schreibt Harald Kunde, Direktor des Klever Museums, im Vorwort des knapp 1,8 Kilogramm schweren Fotofolianten, der so prächtig in die Welt der Evelyn Hofer entführt. Aber, so argumentiert Kunde, sie legte sich eben nicht auf ein Sujet fest: Sie porträtierte eben nicht nur Städte, war nicht nur die Fotografin der Künstler, sie war nicht nur die rasende Reporterin in fremden Landen. Sie machte eben alles. Das, was sie wollte, das, wozu sie einen Auftrag hatte. Vielleicht verbindet sich gerade deshalb aus heutiger Sicht mit ihrem Namen keine Vorstellung mehr zu ihren Bildern, obwohl ihr Werk „in seiner klassischen Ausgewogenheit - abgesehen von der Aktfotografie -  alle Genres umgreift und mit stilistischer Meisterschaft behandelt“, so Kunde weiter.  Das, was rückblickend eine Schwäche gewesen sein könnte, könnte hingegen, so der Klever Museumsdirektor weiter, in Zukunft aber als „ganz eigenständige Qualität“ erkannt werden: Ihre Vielseitigkeit.

Denn dass die Bilder Hofers bis heute spannend blieben und eben nicht ihrer Zeit verfangen sind, als Fotos der 50er, 60er oder 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts zählen, sondern zeitlos sind, sieht man beim Gang durch die Ausstellung oder beim Blättern in dem aufwändig gedruckten schweren Steidl-Fotoband. Meisterhaft ihre Reihe der Menschen aus Soglio, einem Ort im schweizerischen Graubünden, oder die Basken in Frankreich und Spanien. Faszinierend ihre Künstlerporträts wie das von Julian Schnabel hinterm Arbeitstisch  oder von Baselitz 1983 in Schloss Derneburg, wo der Maler der kopfstehenden Bilder von 1975 bis 2006 lebte. Und Hofer wie im Vorbeigehen das gelbe Trainingsrad  des Künstler vor einem reich verzierten Bettgestell ablichtete. Andy Warhol fotografierte sie 1963 neben einem seiner Bilder von Liz Taylor, 17 Jahre später neben der Figur einer Dogge und dann, unmittelbar nach seinem Tod, nur noch als Aura in den Räumen, in denen er gelebt hatte. Denn Hofer war die Fotografin, die nach dem Tod des Stars der Pop-Art diese Räume 1987 fotografieren durfte.

 Julian Schnabel im Atelier, fotografiert von Evelyn Hofer.

Julian Schnabel im Atelier, fotografiert von Evelyn Hofer.

Foto: Grass

Steidl zählt Hofer heute zu den wohl bedeutendsten Fotografinnen der Nachkriegszeit, die zeitlos und äußerst präzise in Schwarz-Weiß und Farbe gearbeitet hat und sich der Schnappschuss-Ästhetik der 1970er und 1980er Jahre widersetzt hat. Der rund 290 Seite starke Band setzt ihr ein erstes Denkmal. Erläutert wird das Ganze von lesenswerten Texten der Kuratoren Harald Kunde, Julia Sonnenfeld und Marion Bornscheuer.

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